Brunetti, Gaëtano

Streichquintett für 2 Violinen, 2 Violen und Violoncello B-Dur op. 7/3,

hg. von Tilman Sieber, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2009
erschienen in: das Orchester 09/2009 , Seite 68

Obwohl der 1744 vermutlich im italienischen Fano geborene Gaëtano Brunetti mit Luigi Boccherini zu den beiden Hauptbegründern und -vertretern der für den spanischen Hof Carlos’ III. entstandenen Streichquintette gehört, ist dieser trotz seiner seit 1771 entstandenen, immerhin 66 Werke hier nahezu unbekannt geblieben. Selbst in der alten Musik in Geschichte und Gegenwart wird man den Komponisten, Hofmusikdirektor und Geiger vergebens suchen. Mit Boccherini und dem später in Paris wirkenden Giuseppe Maria Cambini verbindet Brunetti einen von Wien unabhängigen, eigenen, italienisch geprägten Stil in der früh angestoßenen Gattungsentwicklung. Das Originäre daran ist die konzertante bzw. solistisch-virtuose Gestaltung des durch die erste Geige geprägten Quatour brillante, wie selbstverständlich auch die des Streichquintetts, welche hin zu einer in allen fünf Stimmen sukzessiven und durchgehenden Verteilung der einzelnen Soli bei gleichzeitig einfacher Begleitung durch die Reststimmen führte.
Im Gegensatz dazu spaltete Joseph Haydn seit seinen Streichquartetten op. 33 die einzelnen Themen in motivische Teile auf, ließ sie gleichberechtigt durch alle auf einen homogenen Klang gerichtete Stimmen führen und revolutionierte mit diesem als „durchbrochene Arbeit“ bekannten Verfahren jene kammermusikalische Gattung, welche bis in die Moderne hinein durchgehend Gültigkeit besaß. „Unterschiede bestehen“, wie der Herausgeber Tilman Sieber treffend ausführt, „insbesondere in der Verarbeitung von Thema und Motiv.“
In den italienisch geprägten Streichquintetten – und hier ist Brunetti mit seinem fünfsätzigen Streichquintett op. 7 Nr. 3 ein signifikantes Beispiel – wechseln also nacheinander alle Stimmen ihre Funktion. Jeweils eine, vorwiegend die Primgeige, wird kurz zur Solistin erhoben oder zwei duettieren in Terz- oder Sextabständen; daraufhin wird eine gleich im folgenden Takt jedoch wieder zur achtelschwingenden oder harmoniespendenden Begleiterin degradiert, um dann, wie beispielsweise im Variationensatz, auf ihre nächste Chance des alleinigen Glanzes zu warten – orchestrale Momente wie in Brunettis erstem und letztem Satz sind dabei nicht ausgeschlossen. Ein Dialog zwischen den Instrumenten wie bei Mozart findet allerdings nicht statt. Im Gegensatz zu Boccherini und Cambini, die beide zwei Violoncelli den Vorrang gaben, bevorzugte Brunetti wie Mozart die Verdoppelung der Bratschen.
Layout und Schriftbild sowie modern erscheinende Noten sind den heutigen Erfordernissen angepasst. Übliche Herausgeberzutaten wie sinnfällige Legatobögen, dynamische Zeichen etc. sind durch Strichelung und eckige Klammern kenntlich gemacht, Abbreviaturen in der Partitur wurden in die Stimmen übernommen, Notenabweichungen wurden zweimal gesondert notiert. Kritische Theoretiker und quellenkundlich neugierige Musiker werden auf den Kritischen Bericht, auf den vom Herausgeber publizierten Band „Das klassische Streichquintett. Die Geschichte einer Gattung in Einzelwerken“ verwiesen.
Werner Bodendorff