Dvorák, Antonín
Streichquintett Es-Dur
op. 97, hg. von Frantiek Barto, Taschenpartitur/Stimmen
Es beginnt mit einem melancholisch veredelten Thema in der Bratsche: das Streichquintett Es-Dur op. 97 von Antonín Dvorák. So, als ob er damit an das ebenfalls im Juni 1893 während seiner Sommerferien in Spillville/Iowa unmittelbar davor entstandene Amerikanische Streichquartett F-Dur op. 96 anknüpfen wollte. Der Komponist zeigte sich nach Fertigstellung der beiden Werke sehr zufrieden und bezeichnete sie mit der ebenfalls dort geschriebenen Sinfonie d-Moll mit dem Beinamen Aus der Neuen Welt als seine besten und originellsten Werke. Er hätte sie nach eigenen Worten nie so geschrieben, ohne Amerika gesehen zu haben. Wenn es auch von Dvorák leider kaum Äußerungen über das Streichquintett gibt außer dem oft zitierten Hinweis in einem Interview, dass man in diesem Werk den amerikanischen Farbton wiederfindet, den er hatte einfließen lassen , ist es der Musikwissenschaft bis heute nicht gelungen, diesen Einfluss in irgendeiner Weise dingfest zu machen. Dennoch könnte er womöglich Melodieteile bei dem mehrmaligen Besuch bei einer Indianergruppe in Spillville aufgegriffen haben. Doch bleibt dies Spekulation.
Es ist eher anzunehmen, dass sich in seiner dort entstandenen Musik die Sehnsucht nach seiner Heimat widerspiegelt in einer bewussten Bearbeitung afro-amerikanischer Themen. Der Gebrauch von Pentatonik und modalen Molltonarten findet sich in vielen Teilen der Erde.
Diese Aussagen und die weitere Genese zur Entstehungsgeschichte, Wissenswertes zur Uraufführung, Veröffentlichung und zur Edition liest sich spannend in dem von Davis R. Beveridge exzellent recherchierten Vorwort zur neuen Edition dieses herrlichen Streichquintetts, das Dvorák mit zwei Bratschen besetzt hat. Und obwohl heute das Streichquartett öfter gespielt wird, lesen wir auch, dass insbesondere das Quintett gerade dem österreichischen Kritikerpapst Eduard Hanslick sympathischer war.
Diese neu revidierte Ausgabe geht auf den von Frantiek Barto 1955 innerhalb der unvollendet gebliebenen Gesamtausgabe der Werke Antonín Dvoráks publizierten Notentext zurück, der hier in einer durchgesehenen Version präsentiert wird. Das leicht antiquarisch anmutende Notenbild von damals ist beibehalten, unterscheidet sich allerdings deutlich von dem heutigen, modernen Satzspiegel und der Taktzählung. Dies bedeutet jedoch keinen Mangel, sondern zeugt auch von einer an sich soliden Arbeit, die es wert war, weiterhin verwendet zu werden. Dennoch zeigten sich einige Unrichtigkeiten, die wohl Barto übereiligem Handeln geschuldet sind und aus heutiger Sicht dringend einer Revision bedurften. Nun sind diese auf der Grundlage der Simrock-Drucke korrigiert und entsprechende Passagen mit dem Autograf abgeglichen. Notwendige Ergänzungen wie Gabeln sind mit eckigen Klammern kenntlich gemacht. Dagegen wurde eine marginale, abweichende Bogensetzung in der Partitur und in den sehr gut zu lesenden Stimmen beibehalten, da es nicht das Ziel war, eine neue kritische Ausgabe vorzulegen.
Werner Bodendorff


