Dvorák, Antonín

Streichquartett Nr. 5 f-Moll op. 9

hg. von Jarmil Burghauser/Antonín Cubr, Studienpartitur/Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Prag 2013,
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 71

Alter Wein im neuen Schlauch. So könnte man die unveränderte Neuauflage von Antonín Dvoráks Streichquartett Nr. 5 f-Moll op. 9 (B 37) bezeichnen, die Herausgeber Hartmut Schick im vergangenen Jahr bei Bärenreiter in Prag im modernen Gewande veröffentlichte. Bereits 1980 bei der Edition Supraphon (Verlagsnummer H 6397) erschienen, wurde damals diese 1989 nochmals aufgelegte Ausgabe von dem großen Dvorák-Forscher und Verfasser des Thematischen Verzeichnisses Jarmil Burghauser und anderen tschechischen Musikwissenschaftlern betreut.
Blickt man in das damals viersprachige Vorwort der Ausgabe 1980, liest man erstaunt, dass das Streichquartett von der Kommission für die Herausgabe der Werke Antonín Dvoráks „nach Originalquellen für den Druck“ vorbereitet worden sei. Haben die Herren Burghauser und Co. die Handschrift doch noch gesehen? – Nein. – Diese schreiben weiter unten – wie notgedrungen beinahe gleichlautend auch Hartmut Schick –, dass
das Quartett „aus dem Nachlaß im Jahre 1929 Günter Raphael im Verlag Breitkopf & Härtel“ herausgegeben hatte und diese Ausgabe lediglich „die einzige Quelle für unsere Ausgabe darstellt“. Das Autograf stand also nicht zur Verfügung.
Also konnte Schick „das Partiturautograph, das einst im Besitz von Dvoráks Erben war“, leider ebenso nicht einsehen, da es seit 1978 als verschollen gilt. Also hätte sich, so Schick im dreisprachigen Vorwort (die französische Übersetzung fehlt hier) weiter, an der „unbefriedigenden Quellenlage, die eine kritische Edition dieses Quartettes nicht zulieߓ, nichts geändert. Ein echtes Manko also für die Dvorák-Forschung, zumal die Erstausgabe von 1929 vom damaligen Herausgeber ferner „vervollständigt“ worden sei. Wieviel, ist allerdings nicht bekannt. Während Schick vermutet, dass diese „aber doch nur marginal waren“, so rätselt Burghauser 1980, dass sich „nicht einmal durch sorgfältige innere Kritik feststellen“ ließe, „was mit dem Ausdruck ‚vervollständigt‘ gemeint ist, wenn wir nicht geringfügige Ergänzungen und Vortragsbezeichnungen in Betracht ziehen“.
Und so blieb Schick nichts anderes übrig, als Druck und Vorwort in der deutschen Übersetzung von Ilse Turnovská zu übernehmen. Er verzichtete aber auf den Revisionsbericht mit der Beschreibung beispielswei-
se der Handschrift des Werks, den Jarmil Burghauser und Antonín Cubr zusammen verfasst haben und der am Ende der Ausgabe von 1980 abgedruckt ist. Schick entnahm daraus lediglich einige wichtige Informationen wie das Schicksal der Handschrift, die sich 1958, als Burghauser das Verzeichnis für seinen Thematischen Katalog zusammenstellte, zusammen mit einer ebenfalls verschollenen Abschrift noch im Safe der Erben befand.
Als unveränderte Neuausgabe wurde sowohl in der etwas größer gedruckten Partitur als auch im Stimmenmaterial der Charme des damaligen Schriftbilds der Edition Supraphon unverändert übernommen. Trotzdem ist es ein herrliches, aber wenig aufgeführtes Werk des Meisters, der hier „an die klassische Streichquartett-Tradition anknüpfte“.
Werner Bodendorff