Antonín Dvořák
Streichquartett Nr. 12 F-Dur op. 96 „Amerikanisches Quartett“
Urtext, hg. von Michael Kube, Studienpartitur mit Kritischem Bericht/Stimmenset
Das Amerikanische Quartett von Antonín Dvořák steht für die berühmten Eulen, die man nicht nach Athen tragen soll. Nach einer inzwischen 130-jährigen Erfolgsgeschichte legte der Verlag Bärenreiter im Rahmen einer notwendigen Neubewertung der Quellenlage Dvořáks Opus 96 als Urtext-Ausgabe vor. Es ist nunmehr mindestens die zweite wissenschaftlich fundierte Urtext-Ausgabe nach dem Henle-Verlag, welche bereits 2015 erschienen ist.
Auch wenn man alles über die Umstände der Entstehung des Quartetts im kleinen amerikanischen Örtchen Spillville zu wissen glaubt und inzwischen kaum ein weiterer Erkenntnisgewinn über das Werk ans Licht gekommen ist, liest sich das dreisprachige Vorwort spannend. Michael Kube als Herausgeber holt darin etwas weiter aus, als es beispielsweise Peter Jost 2015 tat. Von kleineren Unterschieden in der Gewichtung der Quellen abgesehen, lässt Jost das Klischee über die musikalischen „Einflüsse der Indianer und Afroamerikaner“ im Raum stehen, während Kube diese These zu Recht in Frage stellt, da Dvořák während der Komposition innerhalb der kleinen tschechischen Gemeinde wohl eher sein Heimatland assoziierte.
Ärgerlich ist aber, dass der gesamte Kritische Bericht erneut ausschließlich in Englisch verfasst wurde. Die Reaktion mancher Streicher fällt bei Nachfrage diesbezüglich eindeutig negativ aus. Leider ist es seit einigen Jahren üblich geworden, die Einzelanmerkungen mit einem Anstrich von Wissenschaftlichkeit ausschließlich englisch zu notieren. Während frühere Ausgaben auf den „Kritischen Apparat“ zum Teil gänzlich verzichteten, wie beispielsweise bei den Quartetten Nr. 2, Nr. 5 oder dem Streichquintett op. 97 aus den Jahren 2013/14 mit älteren Notentypen, so präsentieren sich die Anmerkungen im Streichquartett Nr. 10 Es-Dur von 2019 in Englisch. Dort wie hier im Opus 96 werden nun auch neue, feinere Notentypen verwendet. Andere Verlage, wie Henle, veröffentlichen den Kritischen Apparat lesefreundlich zweisprachig.
Man fragt sich, warum nicht auch bei Bärenreiter? Immerhin ein traditioneller deutscher Verlag, der auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. In dieser Hinsicht den Blick auf Internationalität zu richten, wirkt ausgrenzend. Ärgerlich auch deshalb, weil es insbesondere für dieses berühmte Streichquartett seit der vom Berliner Simrock-Verlag erstellten Erstausgabe eine lange deutsche Veröffentlichungstradition gibt.
Werner Bodendorff