Antonín Dvořák
Streichquartett Nr. 11 in C-Dur op. 61
Urtext, hg. von Hartmut Schick, Studienpartitur/Stimmen
Antonín Dvořáks Streichquartett Nr. 11 C-Dur op. 61 wurde im Oktober und November 1881 in einem Zeitraum von weniger als drei Wochen komponiert und erschien erstmals im April 1882 in Partitur, Stimmen sowie in einer Version für Klavier zu vier Händen bei Simrock in Berlin. Angesichts des Umstands, dass Dvořák hier unter Einbeziehung intensiver thematischer Arbeit und komplexer Satztechnik ein dialogisches Verhältnis mit der von Beethoven bis Brahms reichenden Wiener Tradition eingeht und auf dieser Grundlage den Weg zu filigranen Texturen und verschwenderischem harmonischen Reichtum findet, ist es wenig nachvollziehbar, warum das Werk bis heute nicht den Beliebtheitsgrad des zuvor komponierten „slawischen“ (Nr. 10 Es-Dur op. 51, 1878/79) und des nachfolgenden „amerikanischen“ Streichquartetts (Nr. 12 F-Dur op. 96, 1893) genießt. Umso erfreulicher ist es daher, dass die Komposition nun in einer neuen, von Hartmut Schick betreuten Urtext-Edition vorliegt, die dazu beitragen könnte, die Präsenz von op. 61 im Konzertleben zu erhöhen.
Um sich intensiver in die Ausgabe einzuarbeiten, ist der im Einlege-Umschlag daherkommende Stimmensatz selbst unzureichend. Er enthält lediglich den Notentext ohne weitere Hintergrundinformationen oder Kommentare. Es bedarf einer Hinzuziehung der Studienpartitur, um sich anhand des (lediglich in englischer Sprache) am Ende abgedruckten Kritischen Berichts mit der eher unproblematischen Quellenlage der Komposition und den daraus resultierenden editorischen Entscheidungen vertraut zu machen. Hier erfährt man, ergänzt um eine Auflistung abweichender Lesarten, dass der Erstdruck als Referenz gedient hat, während Autograf, Stimmen und vierhändige Klavierversion gelegentlich als Korrektiv hinzugezogen wurden. Die Entstehungsgeschichte der Komposition wiederum wird auf die für Bärenreiter-Editionen charakteristische Weise im dreisprachig (nämlich deutsch, tschechisch und englisch) vorliegenden Vorwort konzis und verlässlich referiert sowie in kleinen Details auch gegenüber gängigen Darstellungen korrigiert.
Das Aufführungsmaterial des Streichquartetts ist großzügig gesetzt und überzeugt durch eine klare, übersichtliche Verteilung des Notentexts im Schriftbild. Alle Einzelstimmen weisen, ganz im Gegensatz zur alten und gedrängt wirkenden Simrock-Ausgabe, durch Platzierung von Pausen an den Wendestellen der Seiten auf eine durchdachte Anpassung für den Gebrauch in der Praxis hin. Lediglich im Falle des Scherzos ist das Zurückblättern vom Ende des Trios zum Da Capo für den Bratschisten nicht ideal gelöst und dürfte daher noch zu einer Herausforderung werden.
Stefan Drees