Heller, Barbara
Stimmungen
5 Miniaturen für Oboe (Flöte, Altblockflöte) oder andere Blasinstrumente solo, hg. von Julien Singer
Im besten Wortsinne traditionelle Spielmusik hat Barbara Heller mit ihren Stimmungen vorgelegt. Spielbar mit jedem Blasinstrument in Sopranlage (nur bei der Blockflöte bietet sich die Altflöte an so bleibt es unterhalb der Schneegrenze extrem hoher Töne) sind diese fünf Miniaturen mit ein bisschen Eigeninitiative abwechslungsreiche, unterhaltsame kleine Stücke. Technisch im Bereich des eher leicht spielbaren anzusiedeln sollte jeder Satz musikalisch mit ein paar Freiheiten gestaltet werden: Es ist möglich, einige Takte eines Satzes zu spielen, dann den Notentext zu verlassen, selbst weiter zu improvisieren und schließlich wieder zur Komposition zurückzukehren, heißt es im Vorwort.
Ein bisschen wie Folk wirkt der erste Satz in seiner Harmonik. Das soll er auch, und Heller hat ihn leger Quasi ,folkloristisch überschrieben. Ein paar Taktwechsel, das ruhig fließende Tempo und der Verzicht auf allzu hohe oder tiefe Töne machen ihn zu einem unauffälligen, aber delikaten Beitrag, der zur Not auch ohne die anderen Sätze bestehen könnte. Eng am Text gespielt sorgt er für eine frische Brise in jedem Schülervorspiel mit Improvisationen gewürzt und fließend angelegt wirkt er ziemlich erwachsen.
Es folgt ein Adagio mit schlichter Melodik. Die Bindebögen lösen manchmal ein wenig die üblichen Taktschwerpunkte auf. Diesem Satz stehen ein paar Verzierungen gut. Flott geht es im folgenden sehr kurzen Presto im 5/4-Takt los. Die Phrasen wirken wieder einmal schlicht gesetzt, fast simpel. Zugleich bieten sie eben dadurch viel Freiraum für eigene Ideen. Die Kleine Ballade tanzt sich im 6/8-Takt durch häufig punktierte Achtelgruppen, ein möglicher Sprung (Vide) bietet die Verkürzung des Satzes an.
Es folgt ein letzter Satz: Tänzerisch ist hier die Spielanweisung, Dancing alone heißt die englische Version. Wie auch immer, ob allein oder im fiktiven Ensemble, hier bietet die schlicht erscheinende Komposition viel Raum für allerlei Spielereien. Fast wie in alter Zeit hat der Musiker, hier mehr als Spielmann denn als klassischer Interpret gefragt, Freiheiten und kann drauf los spielen.
Durchaus möglich erscheint, wenn auch im Titel mit dem Zusatz Blasinstrumente solo verneint, das Hinzufügen eines Perkussionsinstruments, das den Stücken noch weitaus mehr Feuer geben könnte. Auch erscheint es musikalisch möglich, teilweise eine zweite Stimme unisono mitlaufen zu lassen oder im Idealfall eigenständig zum Notentext von Barbara Heller improvisieren zu lassen. Die Harmonik hat Heller so angelegt, dass sie irgendwo zwischen Alter und recht Neuer Musik schwebt.
Als Spielanleitung verstanden bieten diese fünf Miniaturen eine Menge Freude und viele unterhaltsame Minuten. Ohne eigenes improvisatorisches Zutun, lediglich akademisch und metronomisch heruntergespielt, könnten sie allerdings recht eintönig wirken, denn virtuose Reize oder melodischen Schnickschnack gibt es hier nicht.
Heike Eickhoff