Voigt, Stephan

Spielend Klarinette spielen

Eine Klarinettenschule für die deutsche (Oehler-)Klarinette, methodisch neu orientiert, Begleitstimmen von Günter Habicht, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Eigenverlag, Königs Wusterhausen 2009, das-kleine-tonstudio@web.de
erschienen in: das Orchester 02/2010 , Seite 70

Mit Stephan Voigts Schulwerk, bestehend aus 132-seitigem Schülerband samt CD und Lehrerheft, kann sich der professionelle Klarinettenlehrer auf ein Werk stützen, das für Anfänger ab etwa neun Jahren hinsichtlich einer musikalischen Ausbildung auf der Klarinette umfassend ausholt und in wöchentlichen Lektionen objektiv lückenlos über etwa ein Schuljahr schreitet. Die Schule setzt auf den Gruppenunterricht durch das Angebot zwei- und dreistimmiger Sätze wie auch ergänzender Aufgaben im Spiel ohne Noten. Die 36 Lektionen unterteilen sich jeweils in quasi Lehrstücke (meist mit einer Lehrer- oder Schülerzweitstimme), die das Neue anwenden, oft begleitet durch kurze Fingerübungen, Minietüden, Tonaushalte-Zeilen und rhythmische Aufgaben; der zweite Lektionenteil beinhaltet ein oder mehrere „Tummelplätze“ aus meist mehrstimmigen Spielstücken, zum Teil bekannten wie Weihnachtsliedern oder – bereits schon früh – mit Kanons. Auf der CD sind die Lehrstücke einstimmig geboten.
Das Bestechende an dieser Schule ist die chronologische Verteilung großer Themen wie Ansatz, Atmung und Zungenanstoß, denen im Lehrerheft theorie- und praxisbezogen gefrönt wird, wie auch dem Auswendigspiel mit von Erfahrung zeugendem Eingehen auf Lernpsychologisches einschließlich der Ganzheits- und Motivationslehre oder dem Üben selbst, wozu der Schüler u.a. am Beispiel eines Bach-Menuetts – wiederum über Wochen verteilt – differenziert angeleitet wird.
Besondere Beachtung der Schülertypen wie Eidetiker, Akustiker und Motoriker beim Erlernen eines Stücks oder beim Erfinden einer Melodie belegen die Sensibilität, mit der der Verfasser den Lernvorgang begleitet. Gehörbildung mit kleinen Schritten hin zum Singen (Lehrerheft) und mit Melodieergänzungsaufgaben ist ebenso einbezogen wie der Einstieg in die Jazzstilistik mittels Bluesschema als Impro-Grundlage. Auch der Erreichung körperlicher Lockerheit ist viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Die bebrillte Ratte „Hugo“ mischt die Lektionen auf durch guten Rat und manche Assoziationshilfe. Die kurz gefassten Texte im spiralgehefteten Schülerband enthalten nichts Gängelndes, könnten jedoch an einigen Stellen zum spontanen Verständnis hin noch präzisiert werden. Sinnvoll wäre es auch, wenn die Bezeichnungen der neu eingeführten Tonnamen mit der Oktavbeifügung und die Musikstücke alle mit einem Titel versehen wären. Etwas mehr Dauer für die eine oder andere Halbenote in den Hörbeispielen würde Visuelles und Auditives besser verbinden.
Der zweite große Wert von “Spielend Klarinette spielen” ist im Musikangebot selbst begründet, das jeder T-S-D-T-Säuselei abhold ist, jedoch den Dreiklang und die Tonskalen (regulär bis g”) als Wesenselement integriert. Der Schüler wird früh gehörsbezogen wie motorisch mit einer reichen Palette von Intervallstrukturen gefüttert, die oft auch in ungeraden Phrasenserien formal verarbeitet sind – musikalisch charmante Unterrichtsliteratur, die dazu einen direkten Weg zu Zeitgenössischem ebnet.
Mit dieser Schule liegt nunmehr ein klarinetten-pädagogisches Werk vor, dessen Anspruchslevel bei entsprechender Unterrichts- und Übeintensität die Verwirklichung einer hochwertigen Ausbildungsbasis ermöglicht.
Maximilian Schnurrer

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