Baermann, Carl

Spielbuch 1 und 2

für Klarinette und Klavier. Vortragsstücke aus der Klarinettenschule opus 63, No. 14-32/No. 34-50

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: das Orchester 04/2016 , Seite 73

Die Klarinettenschule von Carl Baermann ist ein Standardwerk für den Unterricht, das auch heute noch seit seinem Erscheinen 1860/61 viele Klarinettisten auf dem Weg zum Studium begleitet. Die Vorzüge und die für die damalige Zeit wegweisenden didaktischen Aspekte liegen in der Verknüpfung von spieltechnischer Ausbildung und klavierbegleiteten Übungs­stücken, die auch dem Anspruch von Vortragsstücken gerecht werden.
Baermann hat dies in einem Brief an den André-Verlag selbst hervorgehoben: „ …das Notwendige mit dem Angenehmen zu verbinden, so daß die Schwierigkeiten so viel als möglich melodisch darin geboten [seien, denn es sei] wohl ganz klar [,] daß der Schüler dieselben lieber studi[e]re, wenn er zugleich ein angenehmes Musikstück damit sich einstudi[e]re“.
Der Klarinettist Robert Erdt, der sich ausführlich mit dem Leben und Werk Carl Baermanns beschäftigt hat, erstellte jetzt für den Schott-Verlag eine revidierte Ausgabe der Klarinettenschule. Es ist eine sinnvolle Entscheidung, die 24 darin enthaltenen Vortragsstücke in einer Ausgabe für Klavier mit überlegter Klarinettenstimme und zusätzlichem Stimmheft auch separat vorzulegen. Dadurch können die Stücke unabhängig von der Verwendung der Schule im Unterricht eingesetzt werden. Der Herausgeber hat im Stimmheft – wie übrigens auch in der gesamten Klarinettenschule – auf die dezidierten Griffangaben Baermanns verzichtet, um das Notenmaterial auch für das Boehm-System zu öffnen.
Die „angenehmen Musikstücke“ sind progressiv angeordnet und vielgestaltig. Es sind romantische Charakterstücke, die entsprechende Titel wie Romanze oder Elegie tragen oder nur mit Tempoangaben bezeichnet sind. Beliebt sind auch Variationen, die in den einzelnen Abschnitten unterschiedliche technische Anforderungen enthalten und auch den Klavierpart mit eigenständigen Variationen bedenken. Nur selten dominiert Etüdenhaftes; stattdessen wird eine Etüde über punktierte Noten zu einer wirkungsvollen Zigeunerweise gestaltet. Außerdem finden sich Tanzsätze wie Ländler und Tarantella sowie die in der Romantik häufig zu findende Tempobezeichnung alla Polacca.
Der Klavierpart weist sehr häufig einen dichten, vollgriffigen akkordischen Satz auf, nimmt aber auch an der motivischen Gestaltung teil und trägt zur Unterstützung des Charakters der Stücke bei. Er geht damit über eine einfache Begleitfunktion hinaus und ist auch für den Pianisten eine dankbare Aufgabe.
Die Neuausgabe der Klarinettenschule kann auch mit CDs erworben werden, auf denen sich eine Playback-Version der Spielstücke befindet. Für die Spielbücher ist dies bislang nicht vorgesehen; es könnte aber hilfreich sein, wenn man die Spielbücher unabhängig von der Schule verwenden will und kein Pianist zur Hand ist.
Heribert Haase