Margot Dean
Soul Food
for Solo Bassoon
Wenn eine hervorragende Fagottistin nach gesundheitsbedingter Aufgabe von Sololaufbahn und Orchesterstelle im Adelaide Symphony Orchestra ihre bläserischen Kompetenzen mit Komponieren vertauscht, so kann man davon ausgehen, dass ihre Stücke, vornehmlich für Fagott, von einer profunden spieltechnischen Kenntnis und besonderen Liebe zur Musik zeugen. So im vorliegenden Fall des Solostücks Soul Food mit den drei Sätzen I. Mesmerise, II. Thrill und III. Fly Free, deren Titel Programm sind: wahre Seelennahrung für Spieler:innen wie Hörer:innen – „they travel on a soul journey that ultimately leads to freedom and joy, while finding strength along the path“ (Vorwort „About the work“).
Befreiung und Freude am Leben, das war auch die Mission des Begründers der modernen Hypnose: Franz Anton Mesmer (1734–1815), auf dessen Wirken Titel und Thema des ersten Satzes Bezug nehmen. Geradezu hypnotisch mutet die aus der Tiefe aufsteigende modale Melodie an, die wortwörtlich zu bezaubern und in den Bann zu ziehen vermag. Zumal wenn man mit magischen Händen über Körper und Klappen des Fagotts streicht und „magnetische“ Klänge erzeugt, wie es oftmals zur parodistischen Darstellung des „Mesmerisierens“ verwendet wurde (wie z. B. in Mozarts Così fan tutte). Nach variantenreichen Belebungen und Beschleunigungen zu einem „feurigen“ Höhenflug, gefolgt von einem leidenschaftlichen Klangstrom in fis-Moll, endet der Satz im Frieden des Echos des Beginns – Patient geheilt.
Spieltechnisch tricky ist der zweite Satz „Thrill“, eine elektrisierende Staccato-Studie mit Thriller-Qualitäten, inszeniert man die plötzlichen Forte-Ausbrüche als eine Art Erschrecken. Zur Beruhigung erscheint in der Mitte ein freier, zart versonnener Teil mit arpeggierenden Girlanden aufwärts-abwärts, die alsbald wieder in den Staccato-Thrill einmünden. Für die hohen Passagen des Mittelteils liegt eine spieltechnisch leichtere Alternativfassung eine Oktave tiefer bei.
Einen freien Flug der Freude beschreiben die spielmusikalischen Sechzehntel-Sequenzen des dritten Satzes, in dessen Mitte ein etwas wehmütiger Walzer eingelassen ist, dessen Schritte immer mehr ausgreifen, größer werden, übermütiger – bis der funny Flug des Herzens wieder einsetzt, fulminant sich steigert und im Höhenjubel endet.
Die drei Charakterstücke lohnen das Studium und die Aufführung, fordern sie doch das fagottistische Können ebenso heraus, wie sie musikalische Spielfreude vermitteln. In klarem Schriftbild mit einliegenden Extraseiten gut lesbar und spielfreundlich gesetzt, können die Sätze, die insgesamt ca. 10 Minuten dauern und auf fortgeschrittenem Niveau gut realisierbar sind, auch einzeln aufgeführt und in verschiedene Programmkontexte eingebunden werden, zur Seelennahrung aller Beteiligten.
Wolfgang Rüdiger