Reger, Max

Sonaten und Stücke für Klarinette und Klavier

hg. von Michael Kube

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henle, München 2013
erschienen in: das Orchester 10/2013 , Seite 71

„98 Klav o: In E 4. Note a1 statt cis2; irrtümlich?“ – „34 Klar: In allen Quellen pp bereits zu 7. Note.“ – „36 Klav u: In A und E 3. Zz H1 irrtümlich punktiert“ – „161 f. Va: In EVa des2 – des2 enharmonisch verwechselt als cis2 – cis2 gestochen.“ Die Ziffer am Anfang meint Taktzahl, o/u = oberes/ unteres System, EVa = Erstausgabe Viola; A = Autograf, Zz = Zählzeit. So lesen sich unter „Einzelbemerkungen“ Korrekturen zu den „Erstausgaben, denen jeweils das entsprechende Autograph als Stichvorlage zugrunde lag“. Die Quellen werden von Michael Kube insbesondere hinsichtlich der Stimmen weiter spezifiziert. Die vorliegende Henle’sche Urtext- Ausgabe besticht durch Akribie und gleichermaßen Umsicht des prominenten Musikwissenschaftlers und Herausgebers Kube, also auch durch Verlässlichkeit in der Textkritik gemäß den hohen Verlagsmaßstäben. Aus der zunehmenden Würdigung des Werks von Max Reger, insbesondere vorangetrieben durch das Max-Reger-Institut Karlsruhe, strahlt nun mit dieser Ausgabe der Sonaten und Stücke für Klarinette und Klavier eine ersehnte hochqualitative Bündelung der drei Sonaten und der Tarantella mit ihrem symbiotisch verbundenen Albumblatt hervor.
Das Vorwort des Herausgebers beleuchtet in „Konsumenten“-orientiertem Kontrast zum wissenschaftlichen Duktus der Berichtigungen die Entstehungsgeschichten und -geschichtchen der fünf Werke. So entstanden die beiden ersten Sonaten op. 49 im Frühjahr 1900, angeregt nicht durch einen Instrumentalisten, sondern durch das Spiel von Regers altem Klavierlehrer, Adalbert Lindner in Weiden, mit dem Soloklarinettisten einer Regimentskapelle, Johann Kürmeyer, der städtischer Kapellmeister in dem oberpfälzischen Städtchen war. Nach dem Zuhören bei der Klarinettensonate op. 120 in f-Moll von Brahms meinte Reger gemäß Lindner: „Schön, dann werde ich auch zwei solche Dinger schreiben!“ „Ein neues ,Verbrechen gegen Harmonie und Kontrapunkt‘: eine Sonate für Klarinette und Pianoforte.“ So verätzte Reger im Dezember 1908 in einem Brief an Felix Mendelssohn Bartholdys Tochter Lili Wach seine Klarinetten-Sonate op. 107 in B-Dur. (Regers schelmische Berufsangabe lautete ja auch „Akkordarbeiter“.) Diese Sonate nahm Max Reger auch zum Anlass, auf seine drastische Stilentwicklung zu verweisen hin zu „voller künstlerischer Klarheit“, darauf, dass es „ein gar lichtes, freundliches Werk wird, gar nicht lang, damit der Klangcharakter des Blasinstruments nicht ermüdet!“ Reger regte, vermutlich auf Betreiben seines Starorganisten Karl Straube, die Klarinetten-Alternativen Bratsche bzw. Violine an. Die von ihm gefertigten Streicherstimmen sind ebenfalls bei Henle als Urtextausgaben (Michael Kube) für Violine sowie für Viola erhältlich.
Unter 15 Werken unterschiedlicher Besetzung, abgedruckt zwischen 1901 und 1903 in der Musikalienbeilage der Zeitschrift Die Musik-Woche, befinden sich Tarantella g-Moll und Albumblatt Es-Dur. Max Reger schuf dieses Pärchen, um auch durch kürzere Stücke mehr Bekanntheit zu erlangen. Pianistische Behändigkeit in der Tarantella vorausgesetzt fungieren diese Kleinodien heute oft als beliebte Unterrichtsliteratur. Dem hervorragenden 122-seitigen Band gebührt jede Empfehlung.
Maximilian Schnurrer