Busoni, Ferruccio / Gabriel Fauré / Olivier Messiaen

Sonate Nr. 2 e-Moll / Sonate Nr. 1 op 13 / Thème et variations

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Melisma 7253-2
erschienen in: das Orchester 01/2008 , Seite 64

Es ist höchst verdienstvoll, sich nicht allzu häufig gespielten Werken wie den Violinsonaten von Busoni und Fauré und Messiaens Thème et variations zu widmen. Zumal diese Werke dem Geiger und dem Pianisten eine ausgefeilte Technik und große gestalterische Vielseitigkeit abfordern. Alois Kottmann und Günter Ludwig, beide renommierte Pädagogen, stellen diese Werke auf einer CD vor. Beim ersten Hören erfreuen makellose Technik, ein sehr klarer Ton sowohl des Geigers als auch des Pianisten und ein hervorragend aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel. Man spürt, dass die beiden seit ihrer Jungend miteinander befreundeten Künstler im Gleichklang miteinander musizieren.
Alois Kottmanns Violinton prägen große Intensität, Weichheit auch in hoher Lage auf der E-Saite und eine erstaunliche Makellosigkeit bei Saitenübergängen und Bogenwechseln. Er entstammt der Violinschule von Carl Flesch, die sich vom romantisch-subjektiven Spiel des 19. Jahrhunderts ab- und der modernen Sachlichkeit des 20. zuwandte. Geigentechnisch traten eine gleichmäßige Tongebung und ein nahtloses Legato in den Vordergrund. Günter Ludwigs Klavierton zielt auf perlende Klarheit, rhythmische Genauigkeit und Transparenz ab. Insgesamt gelingt den beiden Künstlern im Violin-Klavierduo ein beglückend homogenes Zusammenspiel.
Beide kultivieren die Tugenden moderner Sachlichkeit mit großer Meisterschaft, vielleicht zu großer Meisterschaft; denn bei mehrmaligem Hören dieser CD führt eine gewisse Gleichförmigkeit zur Ermüdung des Hörers. Die Werke der drei Komponisten unterscheiden sich kaum spürbar, weder durch eine unterschiedliche Tongebung noch durch andersartige Artikulation oder eine unterschiedliche Klanglichkeit. Der besondere Charakter französischer Musik wird hier ebenso wenig hörbar wie das Expressionistische bei Busoni. Doch nicht nur im Großen, sondern auch im musikalischen Detail fehlen klangliche Unterschiede: das Atmen bei den Melodien, das Ernstnehmen des Einzeltons in seiner Gewichtung, Schattierung und in seinem Ausdruck. Die Palette verschiedener Stricharten, verschiedener Klangfarben und vor allem verschiedener Schattierungsnuancen ist bei beiden Musikern begrenzt. Gerade bei Fauré und Messiaen wären solche feinen Farben notwendig. Auch wirkt Kottmanns Bogenstrich zu lastend, zu wenig federnd, zu wenig geistvoll und überraschend. Doch gerade die beiden französischen Werke fordern einen schwebenden, leichten Ton.
Die beiden Musiker wirken nicht frei, ihre Musik erscheint deshalb nicht spontan und lebendig. Man hört dieser CD an, dass sie von Künstlern eingespielt wurde, deren hauptsächliche Leistung im Pädagogischen liegt.
Franzpeter Messmer