Blum, Robert
Sonate auf Himmelfahrt und Pfingsten
für Klavier (Cembalo-) Quintett, hg. von Theo Wegmann
Gleich weit entfernt von der Mystik Frank Martins und der Neoromantik Othmar Schoecks, lässt sich der Stil des Schweizers Robert Blum (1900-1994) nicht leicht skizzieren. Auch Ähnlichkeiten mit dem Schaffen seiner Lehrer Philipp Jarnach und kurzzeitig 1923/24 Ferruccio Busoni sind kaum auszumachen, sieht man einmal von Klarheit der Diktion und klassizistischer Formstrenge als offenbar assimilierten Grundtugenden ab. Blums harmonische Sprache changiert zwischen freier Atonalität und bitonalen oder modalen Zentren, seine Rhythmik hingegen bewegt sich bei aller Lebendigkeit in konventionellen Bahnen.
Das jetzt von Chris Walton sorgfältig edierte Klavierquintett des langjährigen Zürcher Kompositionsprofessors, knapp 30 Minuten lang, lässt sich vom letzten Satz her lesen, vielgestaltigen Metamorphosen des gregorianischen Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus. Die ersten beiden Sätze, Allegro agitato und Lento assai, leben nicht nur von zahlreichen motivischen Vorwegnahmen des Finales, sie sind auch programmatisch in das Geschehen eingebunden, wenn man den Ausführungen Waltons im CD-Booklet einer Aufnahme des Werks folgt: Unruhe der Jünger nach der Kreuzigung Jesu und Zeugenschaft der Emmausjünger bei der Himmelfahrt des im Gespräch zuvor nicht erkannten, weil totgeglaubten Herrn.
Blums Phrasenbildung scheint bei Johannes Brahms in die Schule gegangen zu sein, wie ein Blick auf die ersten acht Takte des Kopfsatzes nahe legt: Ein Zweitonmotiv wird im folgenden Takt variiert wiederholt, eine zweitaktige Entwicklung aus fünf Tönen schließt sich an, wiederum gefolgt von einer Umkehrung dieser ersten vier Takte.
Blums Klangbild ist von sachlicher Knappheit, er verzichtet fast völlig auf Virtuosenzutat oder Klangmalerei, wie sie in den religiös motivierten Kompositionen von Franz Liszt oder Olivier Messiaen durchaus das Geschehen mitbestimmen. In gelegentlichen plakativen Akkordwiederholungen bei den dynamischen Höhepunkten scheint allerdings der gewandte Filmmusikkomponist durch, der Blum auch war.
Ungeachtet ihrer programmatischen Aspekte zeigt die Quintett-Sonate eine abstrakte, mitunter herbe Schönheit, die dem geistigen Hintergrund der Pfingstthematik auf ganz eigene Weise gerecht wird.
Rainer Klaas