Smile

Rubrik: CDs
Verlag/Label: nagel heyer 2072
erschienen in: das Orchester 05/2007 , Seite 85

Zugegeben: dem einen oder anderen leichfüßigen Solo an Piano und Bass leiht man gerne sein Ohr. Und auch manch elegant geschwungene Flügelhorn-Linie nimmt für sich ein. Der eigentliche Funke allerdings will in dem Konzertmitschnitt nicht recht überspringen.
Seit langen Jahren fest in der europäischen Jazzszene etabliert, haben Claudio Roditi, Klaus Ignatzek und Jean-Louis Rassinfosse bereits in mehreren Trio-Produktionen durchaus zu Recht aufhorchen lassen. Unterstützt von Hans Dekker als Special Guest sind sie auf der vorliegenden CD nun gemeinsam mit den Bremen Philharmonic Strings (Ltg. Steffen Drabek) zu hören. So sehr streicherbetonte Arrangements eine Chance darstellen, so wenig kann das hier zu hörende Ergebnis dieser Zusammenarbeit überzeugen. Woran liegt das?
Irritierend zunächst die Aufnahmetechnik: Sonderbar flach bleibt der Raumklang, zu wenig geprägt von Tiefenschärfe und Bassprofil. Dann: Die Streicherarrangements (sämtlich von Steffen Drabek) wirken stilistisch nicht immer ausgereift. Und, nun ja, neben vereinzelten Intonationsunschärfen gerät die Ausführung von Streichersolopassagen mitunter eher hölzern. Jazztypischer, satter Streicherschmelz ist von den 14 Ensemblemitgliedern jedenfalls kaum zu vernehmen. Spieltechnisch wie musikalisch klingt dies alles schließlich wenig risikofreundlich, wenig Gewagtes oder tatsächlich Mitreißendes hört man da in einer Titelfolge aus Standardinterpretationen und Eigenkompositionen.
Positive Ausnahmen bilden die Fassungen der Standards Misty (Erroll Garner) und The Shadow Of Your Smile (Johnny Mandel) sowie das von Claudio Roditi komponierte The Monster And The Flower. Dagegen wirken der Herbie Hancock-Titel Cantaloupe Island und Freddie Hubbards Little Sunshine sonderbar bemüht. Vom Pianisten Klaus Ignatzek stammen Light In The Dark als „opener“ sowie der bossabeeinflusste Titel Obrigado (mit einem fulminanten Solo des Bassisten Rassinfosse). Die Entscheidung, auch zwei Antonio-Carlos-Jobim-Kompositionen zu präsentieren, führt im Fall von Corcovado zu einer seltsam statischen Interpretation. Das zwölfte und letzte, mehr als acht Minuten dauernde Arrangement von Girl of Ipanema versöhnt dann zuletzt, maßgeblich durch den authentischen Vokalpart des gebürtigen Brasilianers Roditi.
Fazit: Die Begeisterung des zwischen den Titeln immer wieder mächtig applaudierenden Publikums kann man als Hörer dieses Konzertmitschnitts leider nur höchst ansatzweise teilen. In diesem Fall besonders schade, ja enttäuschend, wo doch die „Trio-Kern-Formation“ ungleich mehr zu bieten gehabt hätte.
Gunther Diehl