Sjaella

Werke von Knut Nystedt, Lajos Bardós, Maurice Duruflé u.a.

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Querstand VKJK 1009
erschienen in: das Orchester 11/2011 , Seite 80

Wie könnte vermieden werden, den Umstand, obwohl nicht von Dauer, nicht in den Mittelpunkt der Besprechung zu stellen? Die A-Cappella-Gruppe „Sjaella“, laut eigener Angabe ein skandinavisches Wort für Seele, besteht aus sechs weiblichen Teens. Ursprünglich gegründet unter dem aparten Namen „Chickpeas“, kann die Gruppe mit einigen Preisen und Referenzen durch Zusammenarbeit mit namhaften Musikern aus der A-Cappella-Szene aufwarten (u.a. King’s Singers, Real Group). Hier legt sie ihre Debut-CD vor, mit dem Gruppennamen als alleinigem Titel.
Die sechs jungen Sängerinnen besuchen musikbetonte Gymnasien in Leipzig, Markkleeberg sowie Weimar, spielen sämtlich meist mehrere Instrumente, blicken auf langjährige Chorerfahrung zurück. Diese zeigt sich deutlich in den eröffnenden Stücken, insbesondere Sök herren und Hosanna des Norwegers Knut Nystedt. Die sehr saubere Intonation und exakte Artikulation lassen das Volumen eines hierfür eigentlichen größer gedachten Chors nicht vermissen. Die Perle der CD ist Simon Wavers Satz zu Oh du stille Zeit von Eichendorff/Bresgen.
Zehn der insgesamt 16 Titel entstammen im weitestgehenden Sinn der Popmusik. Frauen-a-cappella-Gruppen haben im Gegensatz zu Männern das Problem, durch die Abwesenheit eines eigentlichen Basses im Gesamtambitus eingeschränkt zu sein. Zwar singt Helene Erben durchaus einen tiefen Alt, und dieser hätte in der Aufnahme stärker hervorgehoben werden können. Perkussionselemente werden sehr zurückhaltend eingesetzt, auf eine Beatbox wird verzichtet. Deren Einsatz hätte hier vermutlich aufgesetzt gewirkt. Die Herkunft der Sängerinnen aus der E-Musik ist nicht zu überhören: Das zeigt sich z.B. in Schwankungen im Timing bei Drive my car oder Mas que nada, auch haben einige Solo-Einsätze noch nicht die nötige Lockerheit. Zwei Stücke von Sting (Valparaiso und Fields of gold) werden sehr klangschön gesungen, auch gibt es einen sehr einheitlichen close-harmony-Gesang bei Diamonds are a girl’s best friend. Dass die Geräusche für Blackbird bei Live-Auftritten vom amüsierten Publikum gemacht werden, lässt sich auf YouTube anschauen. An einigen Stellen tauchen leichte Intonationstrübungen auf, die den Hörgenuss jedoch kaum merklich beeinträchtigen. Die Auswahl der Stücke wird nicht begründet, auch lässt das Beiheft Hinweise zu den Stücken sowie den Abdruck der Textvorlagen vermissen.
Zurück zur Ausgangsfrage: Das hohe Gesangsniveau der Gruppe Sjaella erfordert nicht, mit der Jugendlichkeit der Sängerinnen zu kokettieren. Dass dies im Booklet und auf ihrer Homepage getan wird, ist verständlich, denn diese nahezu professionelle Qualität war nicht von vorneherein zu erwarten. Es bleibt die Frage, wie lange diese A-cappella-Gruppe Bestand haben kann, was sicher abhängig sein wird von den nach-schulischen Ausbildungsgängen ihrer Mitglieder.
Christian Kuntze-Krakau