Schostakowitsch, Dmitri / Wolfgang Amadeus Mozart

Sinfonie Nr. 15 / „Haffner-Sinfonie“

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Acousence Classics ACO-CD 20607
erschienen in: das Orchester 12/2007 , Seite 86

Wenn zwei Komponisten nicht zusammenpassen, sind es Wolfgang Amadeus Mozart und Dmitri Schostakowitsch. Jedoch seit dem großen Jubiläumsjahr 2006 ist alles anders. Man entdeckte eine temporäre Affinität, um sich geschwollen auszudrücken, den 250. und den 100. Geburtstag: das vereint…
So ist es auch auf der vorliegenden CD: Hier die eine, beinahe eine gute Sektlaune verbreitende, ursprünglich von einem leichtfüßig-sprühenden Divertimento herrührende, übersprudelnde und überaus vitale Sinfonie eines Mannes in der Blüte seines Lebens. Dort ein fast pessimistisch-mahnendes, tief- und hintergründiges sowie vielschichtig-resümierendes Alterswerk. Aber vielleicht sollten sich hier Gegensätze anziehen, die in ihrer Polarität, in ihrem im Verlauf von fast 200 Jahren gewachsenen, verhärteten Gegensatz durchaus ihren Reiz haben – zumal beide Sinfonien sogar zufällig die „klassische“ Viersätzigkeit aufweisen.
Die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Jonathan Darlington wagten sich Ende August 2006 an diese wohl seltene Zusammenstellung heran. Einmal sicherlich, um ihre große Bandbreite des Repertoires und hohe Flexibilität zu demonstrieren, zum anderen, um zwei Eckpunkte einer bedeutenden Gattung mit ihren scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten und ihrer Komplexität mit anderen Gattungen hörbar zu machen.
Hier ein hauptsächlich auf Streichern und aus wenigen Bläsern bestehendes Harmoniegerüst gearbeitetes Stück, dort ein subtil ausgeformtes, auf breite und ausgereifte Instrumentation von Holz, Blech und Schlagwerk stützendes Werk mit seinen vielfältigen Klang- und Ausdrucksmöglichkeiten: Und doch sind beide Sinfonien von Jonathan Darlington und den Philharmonikern exakt, frisch und liebevoll zu Gehör gebracht.
Man gewinnt den Eindruck, als habe Schostakowitschs Werk bei den Proben eine größere Herausforderung für die Musiker bedeutet, die es zu meistern galt, an der mehr und mit größerem, durchdachtem und minutiösem Interesse und innigem Fleiß gearbeitet und interpretiert wurde als an der schon oft gespielten und eingespielten Haffner-Sinfonie von Mozart. Diese stellt an sich für ein Profiorchester kein wirkliches Problem mehr dar. Ihre musikalischen Entfaltungsmöglichkeiten sind begrenzt: Trotz exaktem Spiel, trotz zart-schöner Stellen und trotz einer überschäumenden, spritzigen Musizierfreude bleiben sie dennoch oberflächlich und scheinen damit ausgereizt zu sein.
Da die Einspielung mit einer ausgefeilten Aufnahmetechnik bearbeitet und mit einem zur Verkaufsphilosophie erhobenen und modern klingendem Titel „Living Concert Series“ versehen ist, ertönt die Musik glänzend-poliert und sehr räumlich mit großem Nachhall, beinahe wie in einer Kathedrale – und das sorgt für ein überzeugendes, wenn auch suggestives Konzertgefühl im kleinen Wohnzimmer daheim.
Werner Bodendorff