Burgmüller, Norbert

Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 2

Partitur, hg. von Klaus Martin Kopitz

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2009
erschienen in: das Orchester 07-08/2010 , Seite 63

„Nach Franz Schubert’s frühzeitigem Tod konnte keiner schmerzlicher treffen, als der Burgmüller’s. Anstatt daß das Schicksal einmal in jenen Mittelmäßigkeiten decimiren sollte, wie sie schaarenweise herumlagern, nimmt es uns die besten Feldherrentalente selbst weg.“
Es war kein Geringerer als der oftmals streng urteilende Robert Schumann, der so ungeschützt werbend für einen jener Komponisten eintrat, die viel zu früh verstarben, ohne dass ein größeres Publikum bereits Notiz von ihrem musikalischen Schaffen genommen hätte. Zu diesen gehört auch noch aus heutiger Sicht der in Düsseldorf geborene und in Aachen (vermutlich in der Folge eines epileptischen Anfalls) verstorbene Norbert Burgmüller (1810-1836). Auch wenn er sich allein über die Tonkunst definierte („Ich war auf Menschen nicht vorbereitet, ich glaubte nur an Musik“), waren bei seinem Tod zu wenig Werke publiziert, kaum etwas im Konzert erklungen, um den Namen Burgmüllers in die Musikgeschichte fest einschreiben zu können. Sein schöpferisches Nachwirken äußerte sich anders: Erst nachdem Robert Schumann das Fragment gebliebene Scherzo der 2. Sinfonie vollendet hatte, wagte er sich nach langen Jahren an die Umarbeitung seiner eigenen Sinfonie d-Moll op. 120 Nr. 4.
Aktuell ist Burgmüllers schmales Œuvre zumindest auf CD weitgehend erreichbar, darunter die beiden Sinfonien (just von Frieder Bernius neu eingespielt), ein Klavierkonzert, vier Streichquartette, Klaviermusik; vergriffen ist hingegen die von Klaus Martin Kopitz mit Sorgfalt erstellte Biografie (Kleve 1998), die Burgmüller (ein Schüler von Louis Spohr in Kassel) als einen wirklichen Hoffnungsträger der neuen romantischen Schreibart ausweist.
Und tatsächlich hinterlässt die am 18. Oktober 1833 vollendete 1. Sinfonie den Eindruck eines höchst originellen „missing link“ zwischen den sich radikal wandelnden Schreibarten und Stilen. Kein Wunder also, wenn Schumann nach einer schon posthumen Aufführung im Leipziger Gewandhaus in seinem Tagebuch notiert, es sei „beinahe das bedeutendste, nobelste Werk im Symphonieenfach, das die jüngere Zeit hervorgebracht“. Obwohl 1863 gedruckt, wurde das Werk dennoch kaum gespielt – das aber ist nicht der Komposition anzulasten, sondern dem im 19. und 20. Jahrhundert immer enger werdenden Kanon.
Mit der vorgelegten Neuausgabe in Partitur und Stimmen (für die das Autograf als Hauptquelle diente) steht nun einer Wiederentdeckung nichts mehr im Weg; die noch profiliertere 2. Sinfonie soll bald folgen, ebenfalls im Rahmen der Denkmäler Rheinischer Musik. Bleibt die Hoffnung, dass damit nicht nur ein Strohfeuer zum 200. Geburtstag des Komponisten entfacht wird, sondern diese in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Musik auch nachhaltig Interesse findet. Burgmüller wäre es jedenfalls zu wünschen.
Michael Kube