Franck, César / Richard Strauss
Sinfonie d‑Moll / Don Juan op. 20
Ein traditionsreicher Klangkörper ist das, die Nordwestdeutsche Philharmonie Herford. 1946 von aus Linz und Prag nach Westfalen geflüchteten Musikern gegründet, hatte das Orchester viele renommierte Chefdirigenten, darunter Wilhelm Schüchter, Hermann Scherchen, Werner Andreas Albrecht, János Kulka, Alun Francis und Michail Jurowski. Seit 2010 ist der 1981 geborene Amerikaner Eugene Tzigane Chefdirigent, Schüler von James DePriest und Jorma Panula. Ein äußerst begabter Dirigent, nach der vorliegenden CD zu schließen, ein Dirigent voller Elan und Charme, der unterschiedliche Stile ausgezeichnet beherrscht, ein Dirigent, dem es ein Leichtes ist, einen spannenden Konzertabend zu gestalten. Zumindest im Bereich der Musik der so genannten Spätromantik. Ob César Franck oder Richard Strauss, das Idiom wird getroffen, in spannenden, sorgsam austarierten Einspielungen, die die orchestrale Brillanz voll zur Geltung kommen lassen. Das ist kein Provinzorchester aus Ostwestfalen-Lippe, das ist ein Orchester, das es ohne Not mit den ganz großen aufnehmen kann. Nur dass die Einspielungen der d‑Moll-Sinfonie von César Franck durch die Berliner Philharmoniker oder einen vergleichbaren Klangkörper quasi nonexistent sind ein Armutszeugnis für die Majors, aber ein Alleinstellungsmerkmal für das in der Kleinstadt Herford angesiedelte Orchester.
Die Klangbalance zwischen den Klanggruppen, der Reichtum an Klangfarben, die Brillanz der Blechbläser, die dynamische Vielfalt, die feine Abschattierung von Übergängen alles zeugt von höchster Professionalität, Professionalität aber voller Leben, nicht kühl heruntermusiziert wie perfekt aufeinander abgestimmte Maschinen, sondern wie ein lebendiger, ganzheitlicher Organismus. Die Franck-Sinfonie ist so voll von unterschiedlichen Stimmungen und Farben, und Tzigane und sein Orchester treffen sie alle auf das Beste.
Im Don Juan lässt sich Tzigane mehr Zeit als manch andere Dirigenten, die noch stärker das Drängende der Partitur in den Vordergrund rücken, und doch wirkt die Energie, die von der Einspielung aus Herford ausgeht, bisweilen stärker als die manch einer Vergleichsaufnahme. Tzigane ist seinen Vorgängern in Herford Hermann Scherchen und Andris Nelsons in dieser Hinsicht nicht unähnlich, die in durchaus vergleichbarer Weise die Partituren zum Leben erweck(t)en. Es ist davon auszugehen, dass man von Eugene Tzigane noch viel Gutes hören wird.
Bei der Nordwestdeutschen Philharmonie ist das selbstredend das Orchester ist eine feste, wichtige Größe im deutschen Musikleben. Nur bei seiner Vermarktung bestünde noch Optimierungsbedarf der CD fehlt leider jedwedes Booklet, weder über das Orchester noch den Dirigenten noch die Werke erfährt der Hörer etwas.
Jürgen Schaarwächter