Miklós Rózsa

Sinfonia concertante op. 29/Rhapsody op. 3/ Notturno ungherese op. 28

Harriet Krijgh (Violoncello), Nikita Boriso-Glebsky (Violine), ­Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Ltg. Gregor Bühl

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Capriccio
erschienen in: das Orchester 12/2025 , Seite 74

Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ist von inspirierender Regsamkeit – nicht nur im Veranstaltungsgebiet und in der Programmgestaltung, sondern auch in ihrer reichhaltigen Diskografie. Allein in den letzten Jahren widmete sie sich Kompositionen von Zygmunt Noskowski, Augusta Holmès, Josef Labor, Johannes Schöllhorn, Dieter Schnebel und mit dieser CD bereits zum zweiten Mal dem in Ungarn geborenen, vor allem in Hollywood zu Star-Ehren gekommenen Miklós Rózsa. Bei dieser Werklinie der Staatsphilharmonie fallen Ambition, Originalität und Neugier auf Repertoirelücken zusammen. Das gerät insbesondere bei Rózsa zur Herausforderung. Gemeinhin assoziiert das Publikum den Meister cineastischer Star- und Materialschlachten wie Ben Hur, Quo vadis, Ivanhoe und El Cid mit sinnlich dramatischen Klangtableaus und romantisch anmutenden Reizklängen.
Der andere Rózsa hat es bei Konzertveranstaltern und im Repertoire dagegen weitaus schwerer. Das ist der in allen Instrumentalgenres bewanderte und als Sammler ethnischen Musikmaterials in der Generation nach Bartók und Kodály tätige Komponist und Geiger, welcher auch in Gelegenheitswerken eine souveräne Versiertheit für die jeweiligen Entstehungsanlässe zeigte. Rózsas kreatives Spannungsfeld zwischen Massenmedium und Konzertpodium wird selten als Einheit betrachtet. So hat man auch bei der sehr genauen und ernsten Auseinandersetzung der Staatsphilharmonie den Eindruck, als würde diese unter Gregor Bühl mit den sehr intensiv arbeitenden Solisten Harriet Krijgh und Nikita Boriso-Glebsky den „ernsten“ Rózsa gegen dessen andere Identität als Melomane von Hollywood in Schutz nehmen. Der Klangkörper zeigt Akkuratesse, einen gewissen Schwung und exemplarische Sorgfalt. Aber gleichzeitig schreckt er hörbar vor jenem Quentchen universeller Verspieltheit und überbordender Lust an der Weite von effektvoll eingesetzten Ausdrucksmitteln zurück, welche ein essenzieller Teil der Partituren Rózsas sind. Insgesamt reduziert das Orchester die eruptiven Mittel im Satz und der Instrumentation etwas. Das ist dennoch ein plausibles Plädoyer für die halbstündige Sinfonia concertante. Hier zeigt sich, dass Rózsa nicht nur im atmosphärisch erfüllten Augenblick denkt, sondern auch Großformen mit Binnenspannung füllen kann.
Dagegen setzen die Titel Notturno und Rhapsody Ideenreize zu theatralen und atmosphärischen Akzentuierungen. Da wäre durchaus atmosphärischer Raum für mehr sinnliches Fluidum neben der engagierten Präzisions- und Überzeugungsarbeit. Hier wiederholt sich bei Rózsa Ähnliches wie bei dem von ihm verehrten Max Reger. Auch Regers Instrumentalkompositionen sind weitaus farbintensiver als man ihnen gemeinhin zugesteht.
Roland Dippel

 

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