Franck, Eduard

Sextett Nr. 2 für 2 Violinen, 2 Bratschen und 2 Violoncelli D-Dur op. 50,

Urtext, hg. von Nick Pfefferkorn, Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Pfefferkorn, Leipzig 2012
erschienen in: das Orchester 06/2013 , Seite 65

Der Leipziger Pfefferkorn-Verlag unternimmt den sehr zu begrüßenden Versuch, die Werke des zu Unrecht vergessenen Komponisten Eduard Franck in Zusammenarbeit mit den Erben in einer umfangreichen Edition der Öffentlichkeit zu präsentieren. Franck lebte von 1817 bis 1893, wichtige Stationen seiner Biografie waren Düsseldorf, Leipzig, Köln, Bern und Berlin, er war als u.a. als Hochschullehrer für Klavier, Partiturspiel und Musiktheorie tätig.
Eduard Francks Werkliste weist zahlreiche Orchester-, Kammermusik- und Klavierkompositionen auf. In seinem zweiten Streichsextett op. 50 zeigt vordringlich das Scherzo eine Nähe zu seinem Lehrer Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein leicht groteskes Tanzthema (es lässt Assoziationen an die Sommernachtstraum-Musik aufkommen) wird kontrastiert mit einem Staccato-Thema mit internen Taktwechseln. Das traditionelle Formschema bildet zwar den Hintergrund, wird aber durch Vermeidung einer starren Zweiteiligkeit des Hauptteils und eine figurierte Wiederaufnahme des Trios im Da capo frei gehandhabt. Der Tonsatz ist oft imitatorisch, alle Stimmen werden am thematischen Geschehen beteiligt.
Der Kopfsatz zeichnet sich durch eine kantable Melodik aus, sowohl im Haupt- als auch im Seitensatz, der überraschenderweise in der Subdominanttonart steht. Die formale Disposition entspricht dem überlieferten Modell. Bei Franck überwiegt die Diatonik, chromatische Abschnitte sind vor allem in den Durchführungen zu finden. Der zweite Satz, ein Adagio in fis-Moll, ist sehr getragen und espressivo, die Reprise als Figuralvaria-
tion ungewöhnlich. Das abschließende Allegro molto ist ein Tanzsatz. Mit vielen Liegetönen und Bordunen in der Begleitung wird ein volksmusikalischer Ton angeschlagen, der sich nach der Exposition chromatisch verdichtet.
Francks zweites Streichsextett hat mit über 25 Minuten Spieldauer eine veritable Länge. Es hält für Fortgeschrittene spielbare Aufgaben bereit, die 1. Violine ist im Finale zuweilen durch hohe Lagen schwerer auszuführen. Stets bleibt eine kammermusikalische Schreibweise gewahrt, erst in der Schlusspartie des Finales erscheint ein quasi sinfonischer Duktus.
Auch wenn zuweilen Anklänge an Schubert oder Dvorák aufscheinen, liegt hier ein sehr eigenständiges, auf hohem Niveau komponiertes Kammermusikwerk vor. Es ist differenzierter als es die (auch bei YouTube eingestellte) Aufnahme mit dem erweiterten Edinger-Quartett erscheinen lässt. Die Notenausgabe ist vorbildlich gestaltet. Es ist zu hoffen, dass viele Musiker den Komponisten Eduard Franck für sich und andere entdecken.
Christian Kuntze-Krakau