Penderecki, Krzysztof
Seven Gates of Jerusalem 7. Sinfonie
für fünf Soli (SSATB), Sprecher, drei gemischte Chöre und Orchester, Studienpartitur
1995 hat Krzysztof Penderecki von der Stadt Jerusalem, dem Jerusalem Symphony Orchestra, der Jerusalem Broadcasting Autority und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks den Auftrag erhalten, ein Werk zur 3000-Jahr-Feier der Stadt zu komponieren. Das Heilige Land hatte er zuvor oftbesucht und war von dessen Geschichte und Kultur immer wieder tief beeindruckt. Zum festlichen Anlass plante er nun ein großes Oratorium auf Texte aus dem Alten Testament, die in Jerusalem entstanden sind und einen engen Bezug zu dieser Stadt haben Psalmen, die Bücher der Propheten Jesaja, Jeremias, Daniel und Hesekiel.
Mit den Psalmen Davids hatte Penderecki bereits 1960 eines seiner ersten avantgardistischen Werke geschaffen und geistliche Musik obendrein, zu der er immer wieder zurückkehrte und die nicht selten Dreichörigkeit aufweist. Doch angesichts der Bedeutung, die er dem Auftrag beimaß und der mahlerschen Dimensionen, in denen er ihn realisieren wollte Solisten, Chöre, ein großes Orchester mit jeder Menge und Art von Schlagzeug samt Bin-Sasara und Tubafon, einem Fernorchester, einer Orgel und der Basstrompete als Klangsymbol für die Stimme Gottes , entschloss sich Penderecki zur Komposition einer Sinfonie.
Fünf kreative Beiträge hatte er bislang der Gattung geliefert, und dass der sechste erst als Phantom existierte, schien ihm eine gute Gelegenheit, Seven Gates of Jerusalem zur Siebten zu erklären und auch seiner Faszination von der Zahl sieben Ausdruck zu geben einer Zahl, die für die Heilige Schrift und für die Tore Jerusalems ebenso bedeutsam ist wie für die Sinfonie selbst (worauf Wolfram Schwinger hinwies): die Satzzahl, die Töne des Hauptthemas der Passacaglia-Sätze 2 und 4, die markanten Tonrepetitionen auf sieben Viertelnoten und die sieben mächtigen Akkorde am Schluss des Werks.
Dessen klanggewaltige Ecksätze sind Pfeiler einer monumentalen Bogenform; das lange furiose Scherzo bildet das sinfonische Zentrum; der dritte Satz De profundis entfaltet eine eindringliche A-cappella-Mehrchörigkeit, und der aufwühlende, klanglich suggestive sechste Satz mit der hebräisch gesprochenen Auferstehungsvision des Hesekiel wird zum emotionalen Höhepunkt der Siebten.
Die Uraufführung dieser gewaltigsten und umfangreichsten Sinfonie von Penderecki fand am 9. Januar 1997 in Jerusalem statt. Musiker der beiden Auftrag gebenden Orchester saßen nebeneinander an den Pulten; die Chöre des Bayerischen, des Mitteldeutschen und des Süddeutschen Rundfunks sangen; Solisten waren Mariana Nicolesco, Sylvia Greenberg, Jadwiga Rappé, Jewgenij Schapowalow und Reinhardt Hagen, der Sprecher war Boris Carmeli. Am Pult stand Lorin Maazel. Und mit der europäischen Erstaufführung unter Kazimierz Kord am 14. März in der Warschauer Nationalphilharmonie begann der weltweite Siegeszug des Werks durch Konzertsäle und Kathedralen, mit CD- und DVD-Aufnahmen. Und nun trägt auch die neu erstellte Studienpartitur dazu bei.
Eberhard Kneipel