Kara Karayev

Seven Beauties Suite/Leyla and Mejnun/Don Quixote/Lullaby from „The Path of Thunder“

Bournemouth Symphony Orchestra, Ltg. Kirill Karabits

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Chandos
erschienen in: das Orchester 03/2018 , Seite 70

Sein Debüt bei Chandos nutzt Kirill Karabits sogleich, um fortzuführen, was er mit dem Bournemouth Symphony Orchestra zuvor begonnen hatte: Komponisten der früheren Sowjetunion den Weg ins heutige Repertoire zu ebnen. Die neue Einspielung konzipiert er als Auftakt einer ganzen Serie, und mit Kara Karajew gelingt ihm in zweierlei Hinsicht ein Glücksgriff: Der (Wie­der-)Begegnung mit dem aserbaidschanischen Komponisten ist Aufsehen sicher, und die Brillanz und Farbenpracht von dessen bekanntesten Werken verschaffen dem Dirigenten und seinem Orchester den großen Auftritt.
Bereits während des Studiums empfand Karabits eine innige Nähe zu Karajews Musik, und noch heute sind ihm deren magische, inspirative und zutiefst bewegende Züge ei­ne Offenbarung: „Sie vereinen Ost und West in einzigartiger Verschmelzung der Traditionen von Mahler und Schostakowitsch und unter Besinnung auf eine bunte Palette von aserbaidschanischen Volksmelodien.“
Für den Komponisten war die Folklore von Beginn an Muttersprache, die seiner Kunst auf jede Weise diente und deren Einfluss er sich auch nicht entzog, als er zu Schönberg und dem Jazz fand. Spanische und afrikanische, slawische und orientalische Melodien, Klänge und Rhythmen wurden ihm zudem ebenso wichtig wie die Tschai­kowsky-, Prokofjew- und Schostakowitsch-Ballette oder die Literatur vieler Länder.
1918 in Baku geboren, studierte Karajew zunächst am Staatlichen Konservatorium Aserbaidschans, dann ab 1938 am Moskauer Konservatorium, und 1942 bis 1946 war er Schüler von Schostakowitsch. In Baku und in Moskau, wo er 1982 starb, agierte er vielseitig, und für sein vielfältiges Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet.
Die sieben Schönen, das erste abendfüllende Ballett in Aserbaidschan, machte Karajew 1952 berühmt. Sein meistgespieltes Stück ging aus einer sinfonischen Suite (1947) hervor und ist wie auch die Tondichtung Leila und Med­shnun (1947) von Epen des Dichters Nisam Gjandshiew inspiriert. Geheimnisvolle Stimmungen, verführerische Frauenbilder und sinnliche Tänze erstehen da ebenso wie – den Fantasie-Ouvertüren Tschaikowskys entsprechend – hinreißende Liebesthemen, turbulente Familienfehden und ein todtrauriges Finale.
Die Sinfonischen Gravüren Don Quijote (1960) nach dem Roman von Cervantes und der Musik zum Film von Meisterregisseur Grigori Kozinzew führen acht fein kolorierte, eindrucksstarke Szenen und Porträts vor. Und das sanfte Wiegenlied aus dem Ballett Gewitterwege (1957), dem ein Roman von Peter Abrahams (Reiter der Nacht) zugrunde liegt, ist rarer Glücksmoment einer durch Rassismus zerstörten Liebe in Südafrika. Doch auch wenn Karajews schillernde Werke Tragödien wie Romeo und Julia oder Tristan und Isolde darstellen, bleiben das Streben und die ewige Sehnsucht des Menschen nach Idealen und Glück unüberhörbar ihr tieferer Sinn…
Eberhard Kneipel