Mozart, Wolfgang Amadeus
Serenade in B flat major KV 361 “Gran Partita”/Fantasia in F minor KV 608
Im Oktober 2012 kamen die Mitglieder von Stuttgart Winds zusammen und spielten zwei Werke von Wolfgang Amadeus Mozart ein. Einmal die sogenannte Gran Partita, die Serenade Nr. 10 B-Dur KV 361 (370a), und die Fantasie f-Moll KV 608, welche Mozart am 3. März 1791 vollendet hat. Der Klarinettist Dirk Altmann bearbeitete das ursprünglich als Phantasie für eine Orgelwalze oder auch als Orgel-Stück für eine Uhr bekannt gewordene kurze Werk. Mit von der Partie sind die beiden Oboistinnen Anne Angerer und Annette Schütz, außer Altmann noch Karl-Theo Adler an der Klarinette, die beiden Bassetthornisten Rudolf König und Kurt Berger sowie Hanno Dönneweg und Eduardo Calzada (Fagott), die vier Hornisten Wolfgang Wipfler, Dietmar Ullrich, Thomas Flender und Josef Weissteiner und Ryutaro Hei am Kontrabass. Die musikalische Heimat dieser Musiker, die sich 1998 zum Kammerensemble vereint haben, ist das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR.
Mit frischen und mitreißenden Tempi legen die Musiker nach der langsamen, sehr farbigen Einleitung in bester Aufnahmetechnik und plastischer Klangmischung behende los, jede Note passt im homogenen Zusammenspiel. Die vielen Soli beispielsweise in den Oboen und Klarinetten/Bassetthörnern sind durchweg mit reizend interpretiertem und liebenswürdigem Ton, mit viel transparenter Klarheit und Prägnanz und praktisch intonationsrein interpretiert, besonders hörbar im Variationensatz (Nr. 6) eine Freude für den Zuhörer, der am liebsten gleich selbst zu seinem Lieblingsblasinstrument greifen möchte.
Die Dynamik ist ebenso fein austariert, beispielsweise halten sich die vier in anderen Aufnahmen im Klang sehr mächtig aufspielenden Hörner dezent zurück, schmettern relativ zurückhaltend ihre Jagdrufe in das Ensemble. Die Fagotte bestechen durch ihren warm-gemütlichen Kanapeeton, welcher durch den Kontrabass in die Tiefe veredelt wird. Ihr großer Moment ist in der Chaconne (Nr. 3), worüber wolkig und engelgleich Oboe und Klarinette einander ihre Soli zuwerfen. Zum vollendeten Genießen allerdings etwas zu schnell. Insgesamt meint man die Spielfreude herauszuhören, welche das Stück ausstrahlt. Indes wird das Allegretto des zweiten Menuetts (Nr. 4) dann doch etwas sehr rasch als spätklassisches Scherzo geblasen, das insgesamt etwas aus dem Interpretationsrahmen fällt, während das gemäßigtere zweite Trio einen herrlichen österreichischen Charme besitzt. Das nicht vorhandene Ritardando wurde geschickt hineingeschmuggelt, stört aber nicht unbedingt.
Nach etwa einer Dreiviertelstunde heiterer Bläsermusik auf höchstem Niveau erklingt schließlich die Bearbeitung für Bläseroktett der Orgelwalzen-Fantasie. Altmann ist nicht der erste, der diese Musik bearbeitete, für Bläser ist sie aber ein willkommenes Stück, wenn es auch nach der Gran Partita wegen ihres nicht gerade heiteren Charakters nicht so ganz passen möchte. Ob es vielleicht nicht besser gewesen wäre, die Fantasie vor die Gran Partita zu setzen?
Werner Bodendorff