seel//honda. flöte und klavier

Werke von Helmut Bieler, Gerd Kühr und Wolfram Graf

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audiotransit bo 07/02, 2 CDs
erschienen in: das Orchester 12/2007 , Seite 87

Zeitgenössische Musik für Flöte und Klavier und Flöte solo stellt das Duo Seel//Honda in seiner neuesten Einspielung auf zwei CDs vor. Martin Seel ist Flötist im Orchester der Hofer Symphoniker, die japanische Pianistin Chie Honda wirkt als Klavierpädagogin im fränkischen Hof. Man merkt, dass sich beide Musiker intensiv der zeitgenössischen Musik widmen. Mit bewundernswertem Engagement und makelloser Technik meistern sie die nicht unerheblichen Schwierigkeiten ihrer Stimmen, wobei besonders das makellose Zusammenspiel auffällt. Der Flötist beherrscht besonders gut die Nebeninstrumente wie Piccoloflöte und Bassflöte, während die große Flöte doch manchmal etwas hart klingt und die Artikulation nicht ganz nebengeräuschfrei gelingt. Die Pianistin überzeugt mit einem sehr klaren Klang auf dem Bayreuther Steingraeber Flügel und kann neben perfekter Begleitung auch eigene Akzente setzen. Der Zusammenklang der beiden Instrumente ist sehr überzeugend, was bei dieser Zusammenstellung nicht ganz unproblematisch ist. Auch hier wieder besonders gut die Mischung mit Piccolo und Klavier sowie Bassflöte und Klavier.
Die beiden CDs sind fast ein Komponistenporträt von Wolfram Graf (geb. 1965), der nach Studien in Karlsruhe und Saarbrücken an der evangelischen Kirchenmusikhochschule in Bayreuth Orgel und Komposition lehrt. Insgesamt 66 Minuten wird seinen Werken eingeräumt. Die Suite symphonique für Flöte und Klavier ist ein virtuoses, viersätziges Werk, in dem man mit den hymnischen Klängen und registerartigen Wechseln den Organisten heraushört. Am wirkungsvollsten klingt der farbige erste Satz mit dramatischen Wendungen und ostinatohaften Klängen, über denen die Flöte virtuose Girlanden schweben lässt, während sich nach über 20 Minuten Spielzeit im letzten Satz eine gewisse Langatmigkeit einstellt. Von den drei Werken für Flöte solo, Cantus III, Quasi cadenza und Sept pour un überzeugt besonders Cantus III für Bassflöte solo, in dem mit dem Einsatz von Geräuschen und der organonartig eingesetzten Stimme eine suggestive Wirkung und feierliche Atmosphäre entsteht.
Die Einspielung beginnt mit Schattierungen für Flöte und Klavier von Helmut Bieler (geb. 1940), Professor für Musikpädagogik an der Universität Bayreuth und Gründer der Konzertreihe „Zeit für Neue Musik“. Wie der Komponist im Booklet schreibt, „lebt seine Komposition aus dem Spannungszustand zwischen drei Elementen: Felder ruhiger Farbe, Felder mit nervösem Innenleben und blockartige Gebilde. Diese Strukturelemente stehen sich wie unterschiedliche Farbflächen gegenüber.“ Besonders die Klangfarben der tiefen Flöten rechtfertigen den Titel dieses expressiven Werks.
Der überzeugendste Beitrag aber stammt mit Sept pour deux – Sieben kurze Stücke für Flöte und Klavier von dem österreichischen Komponisten Gerd Kühr (geb. 1952), der nach Studien bei Josef Friedrich Doppelbauer, Hans Werner Henze und Sergiu Celibidache heute in Graz lehrt. In sieben kurzen Sätzen zeigt er meisterhaft, wie man aus äußerst reduziertem Material die größtmögliche Wirkung erzielen kann. Filigrane Klänge, dezent eingesetzte moderne Spieltechniken wie Doppeltöne, Zungenpizzikato und Geräusche sowie eine instrumentengerechte Behandlung erzeugen ein sehr dichtes und farbiges Bild, das immer wieder für Überraschungen wie z.B. die musikalische Umsetzung von Vogelstimmen in guatemaltekischen Wäldern gut ist und bis zum Schluss spannend bleibt. Ein Meisterwerk, das durchaus ein Standardstück der Flötenliteratur werden kann.
Thomas Richter