Werke von Rebecca Czech, András Derecskei, Benjamin Heim und anderen
Secret Places
The Twiolins: Marie-Luise & Christoph Dingler
Den Crossover Composition Award (CCA) in Mannheim fanden bei seiner dritten Auflage 2015 schon 350 Komponisten aus 55 Nationen so attraktiv, dass sie ihre Werke einschickten: etwa fünf Minuten kurze Stücke für die nicht gerade alltägliche Besetzung mit zwei Violinen. Gewinnen soll, was gefällt zunächst einer Fachjury, letztendlich dem Publikum im Wettbewerbskonzert. Die Zuhörer entscheiden über die Rangfolge der Finalisten. Ins Leben gerufen hat diesen Wettbewerb das Geigenduo Marie-Luise & Christoph Dingler aus Mannheim, das in seinem Künstlernamen The Twiolins die Geschwisterlichkeit zum Markenzeichen macht.
Zum alle drei Jahre stattfindenden CCA-Wettbewerb erscheint eine CD, die diesmal die für exzellente Klangtechnik bekannte Profil Edition Günter Hänssler aufnahm. Secret Places ist ein kunterbunter Mix in jeder Beziehung. Neben den sechs Preisträgerstücken sind eine Handvoll Repertoirewerke von The Twiolins aufgenommen, die die Sache ziemlich abwechslungsreich machen. Cross-over ist natürlich Programm, darum geht es ja schließlich. Und so grasen die Komponisten genüsslich auf den Wiesen des Jazz, Pop, Rock und Ambient, fügen hier eine Prise Volksmusik bei, schwören dort unmissverständlich auf Minimal Music.
Das hört sich letztlich spannender an, als es ist. The Twiolins gehen gewissenhaft an die Partituren, legen sehr großen Wert auf ein geschlossenes Klangbild, Akkuratesse, Sauberkeit. Allein ihre musikalische Potenz ist begrenzt. Oft klingt die Musik, wenn sie improvisiert sein soll, banal, was nicht nur an den Kompositionen liegt. Benedikt Bryderns (*1966) Siegerstück Schillers Nachtflug immerhin entwickelt einigen Charme in seiner Mischung aus Pop und Minimal. Brydern hatte schon 2009 einen ersten Preis beim CCA abgesahnt.
Hübsch auch das erste Stück des Albums, Rebekka Czechs Ich glaub, es gibt Regen, bei dem die Regentropfen nicht nur pizzen, sondern auch ohne Geigen fallen. Jens Hubert (*1973), Träger des 2. Preises, wählt für sein Stück Rock you vs. Ballerina die klassische Liedform, um ein Battle zwischen einer zarten Geigenmelodie und rockig rhythmisierten Doppelgriff-Patterns auszutragen. Johannes Meyerhöfer (*1986), der mit seinem Stück Atem + Licht auf Platz drei des CCA landete, merkt man seine Erfahrung mit ambientem Komponieren an. Die Behandlung der Geigen wirkt lichtdurchflutet und organisch, dabei kein bisschen esoterisch, wie der Titel vermuten ließe. Dass die Twiolins das einigermaßen sauber hinkriegen, ist durchaus zu würdigen.
Den Wettbewerb hatte das Geigenduo mit dem ehrenwerten Ziel ins Leben gerufen, frischen Wind in die Kammermusikszene zu bringen. Die große Resonanz auf dieses Unterfangen scheint zumindest dafür zu sprechen, dass in dem Feld zwischen Klassik und den populäreren Musikstilen einiges los ist. Die CCA-Preisgelder von insgesamt 11000 Euro, davon 5000 Euro für den Sieger, dürften dem nicht gerade auf Rosen gebetteten Komponisten-Nachwuchs sehr willkommen sein.
Armin Kaumanns