Rossi, Mike

Scungilli / The Forty Club

Msome Ama Nne – Amashumi Ayisine, jeweils für 3 Blasinstrumente und Rhythmusgruppe, Partitur und Stimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Advance Music, Mainz 2013
erschienen in: das Orchester 03/2014 , Seite 76

Mike Rossi ist Professor für Jazz Studies und Holzblasinstrumente an der University of Cape Town, South African College of Music. Zudem arbeitet er in der „South African Association for Jazz Education“ (SAJE). Er veröffentlichte zahlreiche CDs, Artikel in Fachzeitschriften und Kompositionen. Bei Advance Music erschien u.a. sein Lehrwerk Uncommon Bebop from Common Bebop Scales & Concepts, das sein Konzept, zusätzliche Skalen zu entwickeln, die von den bekannten Moll-, Dur- und Dominantskalen abweichen, vorstellt.
Die beiden vorliegenden Hefte sind jeweils für drei Blasinstrumente und Rhythmusgruppe geschrieben. In der ersten Stimme kann auch Gitarre oder Violine eingesetzt werden. Folgende Besetzungen sind denkbar („Ensemble Mix“): 1. Stimme: Flöte, Oboe, Violine, Gitarre, Trompete, Klarinette, Sopran-/Tenorsaxofon und Altsaxofon; 2. Stimme: Trompete, Klarinette, Tenorsaxofon und Altsaxofon; 3. Stimme: Posaune, Tenorsaxofon und Baritonsaxofon. Die Rhythmusgruppe besteht aus Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug.
Mike Rossis Stücke sind Jazzkompositionen, die viel Raum für die Improvisation lassen. In Scungilli verwirklicht er das anfangs angesprochene Konzept der Skalenfindung. Das Eröffnungsthema über fis-Moll wechselt zwischen Dur und Moll. Diese Klangfarben lassen sich auch bei der Improvisation anwenden. Die begleitenden Harmonien sind bewusst einfach gehalten, um dem Solisten viel Spielraum für die Erforschung von Klangfarben zu geben. Bei Scungilli handelt sich um einen „Medium Up Swing“, in dem Tonalität und Taktart wechseln. Der Taktwechsel wird durch die Kollektivimprovisation aller beteiligten Instrumentalisten sehr reizvoll eingeführt. Besonderes Augenmerk liegt in dem gesamten Werk auf der Dynamik.
Das Werk The Forty Club ist ein Moll-Blues, welcher seinen Reiz durch den 12/8-Groove entfaltet, der vom Basspattern kontrastiert wird. Unterbrochen wird der Groove lediglich durch kurze Swingteile in den letzten vier Takten der Blues-Form. Melodisch bewegt sich das Stück im typischen Bluesduktus. Die Komposition ist relativ offen angelegt, sodass auch in diesem Werk Improvisation und Dynamik einen hohen Stellenwert haben. Die jeweiligen Solisten improvisieren über eine Mollbluesform. Beide Werke werden durch teils optionale Tutti-Passagen abgerundet.
Die Aufmachung beider Hefte ist makellos. Akzentuierungen, Kicks der Rhythmusgruppe oder Bassfiguren sind, wenn nötig, notiert. Gleichzeitig fungieren die Noten als Ideengeber und ermuntern die Spieler zu
einem freien Umgang mit dem Material. Diese Balance aus Freiheit und Vorgabe machen die Kompositionen empfehlenswert. Ist Scungilli melodisch mehr im moderneren Kontext angesiedelt, so überzeugt The Forty Club durch die scheinbare Schlichtheit und den wunderbaren 12/8-Groove. Jedes der beiden Werke entfaltet so einen eigenen Charme, der mir eine Entscheidung zwischen den beiden Kompositionen schwer machen würde. Fazit: Beide spielen!
Ulrich Falk