Synofzik, Thomas / Hans-Günter Ottenberg (Hg.)

Schumann und Dresden

Bericht über das Symposium „Robert und Clara Schumann in Dresden – Biographische, kompositionsgeschichtliche und soziokulturelle Aspekte“ in Dresden vom 15. bis 18. Mai 2008

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Dohr, Köln 2010
erschienen in: das Orchester 11/2011 , Seite 63

Von 1844 bis 1850 lebten Robert und Clara Schumann in Dresden – hier entstanden zahlreiche wichtige Kompositionen Schumanns, die Oper Genoveva etwa, die Musik zu Manfred, erste Teile der Faust-Szenen, aber auch die zweite Sinfonie, zahlreiche Chorsätze und Sololieder, außerdem das Album für die Jugend und die Waldscenen. Ein äußerst reicher Korpus also, der zeigt, wie sich Schumann in unterschiedlichsten Gattungen teilweise deutlich stärker profilierte. In diese Lebensphase fällt die Revolution von 1848 ebenso wie das Goethe-Zentenarium 1849.
In einem Kongressbericht ist es immer ein wenig ein Problem, ob tatsächlich das Ziel, alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen, erreicht werden kann und aus der Summe der Einzelbeiträge das zu erhoffende Mehr wird. Rund die Hälfte der Beiträge befasst sich mit der historischen und biografischen Situation der Schumanns und ihrem Umfeld, rund ein Drittel mit Kompositionen, weitere Beiträge konzentrieren sich auf Clara Schumann und ihren Bruder Alwin Wieck (allerdings muss man fragen, was ein Beitrag zu Clara Wiecks pianistischer Karriere vor 1844 in diesem Band zu suchen hat). Genoveva und Manfred oder auch die zweite Sinfonie erfahren keine ausführliche Behandlung, auch nicht das Requiem für Mignon – dafür aber die immer noch viel zu unbekannten Chorwerke Adventlied op. 71 und Nachtlied op. 108 oder die drei Byron-Gesänge op. 95.
Von zentraler Bedeutung ist auch ein Beitrag zur „Klangregie in den Dresdner Chorwerken Schumanns“. Viel Neues kann man lernen über die Werkgenese des Albums für die Jugend, überraschend auch die Perspektive zu drei dem Sonntag gewidmeten Liedern. Insgesamt sind die meisten der Beiträge mit großem Gewinn zu lesen, gerade das Dresdner Kulturleben wird in diversen Facetten aufgeblättert; nur wenige Texte verfallen in musikwissenschaftlichen Fachjargon.
Eine Entscheidung der Herausgeber muss allerdings in Frage gestellt werden – die Beiträge nicht etwa sachlich, sondern nach dem Namen der Verfasser sortiert zu präsentieren. So ergibt sich ein kaleidoskopartiges Bild, das die unterschiedlichen Facetten bestens zur Geltung bringt – der große Bogen aber, der den Leser führen könnte, unterbleibt bewusst. Da die Überschriften der einzelnen Beiträge nur für den Fachmann sogleich die Richtung klar vorgeben, ist die Benutzung des Bandes für den interessierten Laien eher umständlich. Das ist schade, ist der Band – es ist im Übrigen Band 1 der „Studien zum Dresdner Musikleben im 19. Jahrhundert“, herausgegeben von Hans-Günter Ottenberg – doch sorgsam lektoriert, mit schön gesetzten Notenbeispielen. Allerdings haben einige Abbildungen im Druck etwas zu wenig Kontrast bzw. hätten zur Veröffentlichung noch etwas aufgearbeitet werden können.
Jürgen Schaarwächter