Ruttkamp, Timo

Satans Korb

für Kontrabass

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Gravis, Berlin 2015
erschienen in: das Orchester 12/2015 , Seite 75

Satans Korb, dieses rund elf Minuten dauernde Stück für Kontrabass solo mit dem assoziativen Titel, entstand 2009. Ob und wenn ja was man assoziieren soll oder kann beim Hören, bleibt offen. Auch, ob es sich gar schlicht um eine Irreführung beim Hören handeln soll.
Wie dem auch sei, die Musik kann durchaus auch ohne Titel für sich sprechen. Eindeutig und klar ist die Notation, die der 1980 geborene, in Köln und Paris ausgebildete und in Köln lebende Komponist Timo Ruttkamp gewählt hat. Das Schriftbild sowie zusätzliche Spielanweisungen entsprechen traditioneller Notation, sind exakt ausgeführt und werden durch einige Anmerkungen noch präzisiert.
Die gesamte Komposition ist ohne espressivo zu spielen, Charakterwechsel innerhalb des Stückes müssen mechanisch umgesetzt werden. Und Charakterwechsel prägen das Werk: extreme Dynamiken, gegenpolige Intensitäten von kernigen Tonrepetitionen bis zu zarten Flageoletts und weiten Tonhöhensprüngen. Zwei kontrastierende Texturen wechseln einander ab: rhythmisch schwankend, mal ein wankendes Gemisch aus Duolen, Triolen und Quintolen die eine Linie, dann wieder ratternde Zweiunddreißigstel-Figuren, meist hart aufeinander geschnitten. Nach und nach scheinen sich beide Kontrastebenen zaghaft zu überlagern, zu durchmischen, sich gegenseitig aufzuweichen. Einsprengsel fast melodisch-lyrischer Passagen (gleichwohl ohne Ausdruck zu spielen!) irritieren diese steten Wechsel maschineller Hektik, so wie auch kurze Atempausen, ruhig gehaltene Liegeklänge, Flageoletts oder aber kurzes, regungsloses Innehalten.
Nina Polaschegg