Cécile Chaminade

Saisons d’amour

Katharina Kammerloher (Mezzosopran), Johann Blachard (Klavier), Jiyoon Lee (Violine)

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: MDG
erschienen in: das Orchester 03/2024 , Seite 71

Wunderbar melodische, kammermusikalisch hervorragend nuancierte Kunstlieder der unbekannten französischen Komponistin Cécile Louise Stéphanie Chaminade (1857–1944) präsentiert die eindrucksvoll gesanglich gestaltende Mezzosopranistin Katharina Kammerloher, dezent am Klavier von Johann Blanchard und an der Violine von Jiyoon Lee (Lieder 11, 21, 22) begleitet. Chaminade lernte als Kind von ihrer Mutter das Klavierspiel und wurde dann von Privatlehrern auf den Gebieten Klavier, Harmonielehre und Komposition weitergebildet. Sie trat als Pianistin vornehmlich mit eigenen Werken auf und komponierte ab 1890 hauptsächlich Kunstlieder und Klavierstücke. 1913 wurde sie als erste Komponistin Mitglied in der „Légion d’Honneur“, später bezeichnete man ihre Musik abwertend als „Salonmusik“, da sie gefühlvoll-tonal im Sinne der Romantik vertonte und nicht mathematischen Mustern (Neue Musik) folgte. Seit den 1990er Jahren wurden ihre Werke wiederentdeckt. Insgesamt vertonte sie mehr als 125 Kunstlieder, deren Texte zumeist auf zeitgenössischen französischen Dichtungen beruhen.
Über all dies und vieles mehr gibt das sehr umfangreiche und gut recherchierte Booklet Auskunft. Das impressionistisch gestaltete CD-Cover in Pastellfarben, der Nachdruck eines Gemäldes von Claude Monet, schlägt die malerische Brücke von der gefühlvollen Musik zur nicht weniger empfindsamen Kunst.
Katharina Kammerloher, die selber die Anordnung der Lieder vornahm und diese im chronologischen Verlauf als Jahreszeiten der Liebe (Saisons d’amour) bezeichnete, da sie die Lebensphasen in Bezug zur Liebe wiederspiegeln, gelingt eine eindrucksvolle, einfühlsame Interpretation der Werke. Die eher kurzen, eingängigen, melodiösen und empfindsamen Lieder singt sie überwiegend zart und leicht, sehr differenziert interpretierend und nachdenklich. Die französische Sprache mit ihrem melodischen Sprachfluss wirkt darüber hinaus sehr passend. Johann Blanchard deckt den Gesang nicht zu, ihm gelingt eine sehr dezente, aber dennoch differenzierte Klavierbegleitung. Dazu tritt in drei Liedern der Violinist Jiyoon Lee, erster Kapellmeister der Staatskapelle Berlin, mit gefühlvoller Ausdeutung seiner Passagen.
Bedeutend ist auch die Aufnahmemethode des Labels MDG, in natürlicher Akustik, ohne klangverändernde Maßnahmen, die eine unverfälschte Wiedergabe der Tiefenstellung, der originalen Dynamik und der natürlichen Klangfarben abzubilden vermag. Auf der fast 60-minütigen CD glückt eine Verknüpfung von meist einfach instrumentierten und deshalb sehr ausdrucksstarken bis hin zu schwungvoll-virtuosen Liedern. Besonders beeindruckend die gesangliche Interpretation, mal heller, mal dunkler nuanciert und farbreich, stets fühlend gesungen, von Katharina Kammerloher.
Claudia Behn