Werke von Claude Debussy, Kevin Beavers, Lalo Shifrin und Carl Nielsen

Saga

ARUNDOSquintett

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Audite
erschienen in: das Orchester 6/2024 , Seite 75

Als eine der erst relativ spät in der Musikgeschichte entstandenen Standardformationen der Kammermusik plagen das Bläserquintett stetige Repertoiresorgen. Ein paar ­wenige zentrale Werke für die in­zwischen „klassische“ Besetzung aus Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott reichen nicht aus, um einer professionell und kontinuierlich zusammenspielenden Bläserquintettformation genug Basis für Konzerte und Einspielungen zu bieten. Das in Nordrhein-Westfalen entstandene und beheimatete ARUNDOSquintett macht aus dieser Not eine Tugend und vergibt regelmäßig Aufträge für Kompositionen, die im besten Fall nicht nur dem Ensemble, sondern insbesondere seinen fünf Instrumenten auf den Leib geschrieben sind.
Als ein Ergebnis ist Kevin Beavers dreisätziges Quintett auf der zweiten CD des ARUNDOSquintetts zu hören. Klassisch in der Anlage (schnell – langsam – schnell) und mit rund 20 Minuten Spieldauer ist Beavers Werk mit seinem außermusikalischen Ausgangspunkt alles andere als ein Leichtgewicht. Die Nach-Zeichnung der drei unterschiedlichen Charaktere (Charmeur, Liebhaber, Spaßvogel) gelingt Anna Saha (Flöte), Yoshihiko Shimo (Oboe), Christine Stemmler (Klarinette), Lisa Rogers (Horn) und Yuka Maehrle (Fagott) äußerst überzeugend. Klanglich verschmelzen die fünf trotz vielfacher solistischer Profilierungsmöglichkeiten zu einem beeindruckend geschlossenen Ensemble, das durchaus orchestrales Format aufweist. Ähnliche Qualitäten bringt das ARUNDOSquintett in die Interpretation von Lalo Shifrins musikalischem Beerdigungszug La Nouvelle Orléans ein – erst mit fein abschattierten Farben auf dem Weg zum Friedhof, dann mit einem subtilen Drive im abschließenden Jazz-Marsch auf dem Weg zurück.
Den Rahmen dieser Aufnahme, die durch einen informativen Booklet-Text von Elisabeth von Leliwa ergänzt wird, bilden zwei ganz unterschiedliche „Klassiker“. Claude Debussys Petite Suite macht das ARUNDOSquintett in dem erstmals eingespielten Arrangement von Gordon Davies zu einem Muster an Klarheit und Spielfreude und zeigt damit, warum das frühe Werk ­Debussys in so vielen klanglichen Gestalten erfolgreich sein kann. Zum Abschluss aber machen die Musikerinnen und Musiker des ARUNDOSquintetts aus einem der zentralen Bausteine der Bläserquintettliteratur, dem Quintett op. 43 von Carl Nielsen, ein wirkliches Kammermusikerlebnis. Den gewichtigen Kopfsatz stellen sie mit viel Bewegung, tonlicher Differenzierung und großer Binnenspannung dar, das Menuett klingt fein ziseliert und duftig und der abschließende Variationenreigen zeigt, welch große klangliche Farbpalette dem ARUNDOSquintett zur Verfügung steht und wie präzise es musikalisch charakterisieren kann.
Daniel Knödler