Dvorák, Antonín

Romanze für Solo-Violine und Streichorchester

bearbeitet von Xaver Paul Thoma, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Hubert Hoche Musikverlag, Helmstadt 2009
erschienen in: das Orchester 11/2010 , Seite 70

Antonín Dvorák komponierte seine zauberhafte Romanze für Violine und Orchester in f-Moll op. 11 irgendwann zwischen September 1873 und Anfang Dezember 1877. Das Werk erlebte seine Premiere am 9. Dezember 1877 in Prag. Gewidmet ist es dem tschechischen Geigenvirtuosen František Ondricek, „seinem lieben Freunde“, selbst Komponist und einige Jahre später Solist der Uraufführung von Dvoráks Violinkonzert.
Interessanterweise entnahm Dvorák das Hauptthema der Romanze vollständig dem langsamen Satz seines 1873 vollendeten Streichquartetts in f-Moll op. 9, allerdings nur das Hauptthema. Die beiden anderen Themen, die fugierte Orchestereinleitung, der gesamte Mittelteil, der Schluss sind komplett neu erfunden und belegen ein weiteres Mal den schier unendlichen Einfallsreichtum des Komponisten, über den Johannes Brahms einmal sagte, er habe „mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen könnte sich jeder andere die Hauptthemen zusammenklauben.“ Entstanden ist so ein hinreißend poetisches kleines Meisterwerk voll slawisch-melancholischer Sanglichkeit, wehmütig und doch zugleich duftig-schwebend, wie es außer Schubert vielleicht nur Dvorák zu schaffen vermochte.
Es könnte diese Entstehungsgeschichte der Romanze sein, das Erwachsen aus der Intimität des Streichquartetts, die den renommierten Komponisten und ausgesprochenen Edelbratscher Xaver Paul Thoma dazu veranlasst hat, Dvoráks op. 11 für Violine und Streichorchester zu bearbeiten. Daneben mag wohl das Fehlen von geeigneter spätromantischer Literatur für ebendiese Besetzung eine Rolle gespielt haben. Nach Schubert und Mendelssohn und vor Karl Amadeus Hartmann hat hier 100 Jahre lang kein bedeutender Komponist mehr einen nennenswerten Beitrag geliefert.
Es ist kein geringes Unterfangen, den harmonischen und farblichen Reichtum von Dvoráks meisterlichem Orchestersatz mit einem nur auf Streicher reduzierten Instrumentarium adäquat abbilden zu wollen. Immerhin, mit einigen Tricks, mit durchgängig doppelt besetzten Bratschen und vielfach geteilten ersten Geigen gelingt es Thoma, alle wesentlichen Strukturen im Streichersatz zu bündeln. Der Gefahr klanglicher Verdickung und Klebrigkeit, entstehend durch Massierung der Solovioline sowie der geteilten Tuttigeigen und -bratschen im selben Register, ist sich Thoma wohl bewusst. Immer wieder eingestreute Soli tragen dazu bei, das Klangbild im Ganzen transparent und schlank zu halten.
Man mag dem Original den Vorzug geben, nichtsdestoweniger hat Thoma mit seiner geschickt gemachten und insgesamt sehr gelungenen Transkription hervorragende Arbeit geleistet. Manches Streicherkammerorchester wird dankbar dafür sein, auf Konzertreisen zusätzlich zu den gängigen Barockhits und den wenigen Violinkonzerten und Konzertstücken aus späteren Epochen über eine weitere attraktive Programmoption zu verfügen.
Herwig Zack

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