Wicke, Peter

Rock und Pop

Von Elvis Presley bis Lady Gaga

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. H. Beck, München 2011
erschienen in: das Orchester 02/2012 , Seite 60

Kopfhörer im Ohr, im Supermarkt, auf der Straße, im Zug – ein geläufiges Bild im heutigen Alltag. Man trägt Musik mühelos mit sich herum „und blendet so die akustischen Zumutungen urbaner Lebensweise, vom Straßenlärm bis zum dautertelefonierenden Wichtigtuer, erfolgreich aus“, so formuliert es Peter Wicke in seinem Buch über die Musik des Rock und Pop.
Für Jene, die an fachspezifischem Hintergrundwissen interessiert sind, liefert der Autor interessante Informationen und Anekdoten. Sein Buch be­spricht nicht vordringlich die Charakteristika der Stile des Rock und Pop. Vielmehr beleuchtet es die Musik in ihrer Wechselwirkung mit ihrem Umfeld. Wie veränderte sich die Gesellschaft und wie dadurch die Machart und die Intention der Musik sowie der Umgang mit ihr, das ist die Ausgangsfragestellung des Werks. Beeindruckend präzise und detailliert schildernd gibt Peter Wicke Antworten. Veränderung unter dem Stichwort „Revolution“ ist dabei der rote Faden. So heißt ein Kapitel beispielsweise „Eine Revolution, die keine sein wollte – British Beat“ oder ein anderes „Eine Revolution, die keiner bemerkt hat – Das Studio als Musikinstrument“. Auch Schlussfolgerungen und Begründungen für den Wandel im Umgang mit Musik formuliert der Autor. Eine ist beispielsweise die „Kommerzialisierung des Jugendalters und ,Jugend‘ als sich infolge des demografischen Wandels durchsetzendes neues gesellschaftliches Leitbild, die Formierung einer kommerziell organisierten, medienvermittelten Mas-
senkultur sowie das Aufkommen von Single-Schallplatte und Magnettonband“.
Chronologisch vorgehend bringt Wicke, Professor für Theorie und Geschichte der populären Musik an der Berliner Humboldt-Universität, die Eigenheiten und Feinheiten der jeweiligen Epoche vom Rock’n’Roll
bis zu Housemusik auf den Punkt. Die Beatles werden ebenso erwähnt wie Kurt Cobain, die No Angels oder Jay Z.
Ist der Ansatz des Buchs unkonventionell und interessant, so wird das Lesevergnügen gelegentlich getrübt durch opulente Schachtelsätze und teilweise sehr spezifische Fachsprache. Unterhaltsame Geschichten am Rande oder erstaunliche Fakten belohnen dann das Durchhalten. In einer Anekdote beispielsweise geht es darum, wie Elvis Presley im Dezember 1970 das FBI-Hauptquartier in Washington besuchte „und sich dem FBI-Chef mit der Begründung als informeller Mitarbeiter anzudienen suchte, dass ,die Beatles mit ihrem ungepflegten Erscheinungsbild und ihrer anzüglichen Musik die Ursache für viele der Probleme sind, die es mit der Jugend in den USA gibt‘“. An anderer Stelle wird der Leser mit den erstaunlichen Zahlen konfrontiert, dass „zwei Drittel der Heranwachsenden zwischen 13 und 16 Jahren Musik inzwischen mittels ihres Computers hören“ und im Durchschnitt mindestens 8000 Songs auf ihrer Festplatte haben.
Insgesamt eine dicht an dicht geschriebene interessante Sammlung an Fakten und sozial-gesellschaftlicher Zusammenhänge zur Musik des Rock und Pop von etwa 1950 bis heute.
Patricia Arnemann