Verdi, Giuseppe

Rigoletto

Saimir Pirgu, George Petean, Aleksandra Kurzak, Andrea Mastroni, Judith Schmid, Julia Riley, Chor der Oper Zürich, Philharmonia Zürich, Ltg. Fabio Luisi

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Philharmonia Rec PHR 0203
erschienen in: das Orchester 06/2015 , Seite 84

Das Coverfoto dieser DVD ist symptomatisch für die vorliegende Rigoletto-Produktion: Aleksandra Kurzak (Gilda) blickt intensiv in Großaufnahme den Betrachter an. Tatsächlich sind die Intensität der Personenführung und die überragende Qualität der Darsteller das Hauptmerkmal dieser Inszenierung, einer Züricher Produktion zum Verdi-Jahr 2013, live aufgenommen im Juni 2014.
Regisseurin Tatjana Gürbaca stellt Verdis meisterlichen Reißer in einen von Grau, Schwarz und Weiß dominierten Raum (Bühne und Licht: Klaus Grünberg), der als einziges Bühnenrequisit einen langen Tisch und ein paar Stühle besitzt. Die Protagonisten tragen Alltagskleidung der Gegenwart, ebenfalls in gedeckten Farben (Kostüme: Silke Willrett). Was sich in der Beschreibung als spartanisch oder trist liest, gewinnt durch ausgeklügelte Farbeffekte (einzelne Kostüme, Licht) an Spannung.
In dieser bewusst kargen Bühnenathmosphäre, die sich während der Vorstellung nicht verändert, wird alle Konzentration des Betrachters auf die spannende, bis in kleinste Bewegungen hinein detaillierte und genaue Personenführung gelenkt. Gürbaca erzählt keine neue Geschichte, sie abstrahiert vielmehr das Wesentliche aus dem allbekannten Rigoletto-Stoff. Trotz der Gegenwartskleidung der Sänger hat man nie den Eindruck, eine konkrete zeitliche Fixierung liege vor; eine räumliche ist ohnehin nicht gegeben: Diese Geschichte kann jederzeit und überall passieren. Unvergesslich bleibt das Schlussbild, wenn die blutrot verschmierte sterbende Gilda ihrer genauso blutverschmierten Mutter begegnet.
Besonders hervorgehoben werden muss die Inszenierung des ausgezeichneten Chors: Jeder einzelne Sänger agiert individuell und durchdacht; der Chor ist keine uniforme Menge, sondern besteht aus Individuen. Spannend!
Die Darstellerleistungen der Protagonisten sind bereits erwähnt worden, aber auch sängerisch bewegt sich das Ensemble auf höchstem Niveau. Es wäre unfair, einzelne Leistungen herauszustellen, erwähnt sein soll dennoch der weiche, leichte, helle und dennoch strahlende Tenor von Saimir Pirgu (Herzog) und die berührende, zurecht umjubelte Gilda von Alek-
sandra Kurzak.
Fabio Luisi dirigiert einen leichten, durchsichtigen, schlanken und trockenen Verdi, der großes Pathos meidet. Nie werden die Sänger vom Orchester zugedeckt, sodass äußerst differenziertes Singen ermöglicht wird. Musikalisch ergibt sich dadurch ein stimmiges Bild, das einen Weg aufweist, wie leichtgewichtig und agil Verdi heute musiziert werden kann.
Die DVD, die zwei Stunden mitreißendes Musiktheater bietet und zu mehrfachem Sehen auffordert, ist mit Untertiteln in Deutsch, Englisch und Französisch sowie als Bonus mit einem Interview des Züricher Dramaturgen Claus Spahn mit Regisseurin und Dirigent versehen.
Christian Ubber