Haydn, Michael
Requiem/Missa Sancti Joannis Nepomuceni/Te Deum in D
Die Einspielung eines Requiems in c-Moll von Michael Haydn durch den Kammerchor Cantemus und die Deutsche Kammerakademie Neuss unter der Leitung des langjährigen künstlerischen Leiters von Concerto Köln, Werner Ehrhardt, bewirbt das entsprechende CD-Booklet als Weltpremiere. Dort wird zudem Olaf Krone als Wiederentdecker der Komposition genannt, obwohl Charles H. Sherman erstmals auf das Werk hinwies und dieses in seinem Werkverzeichnis unter der Nummer 559 aufgelistet hat. Mittlerweile ist in der Musikwissenschaft die Autorenschaft Haydns umstritten bzw. wird sogar häufig geleugnet. Auf dieses Missverhältnis zwischen Verlautbarungen des CD-Booklets und wissenschaftlichen Erkenntnissen hatte Michael Wersin in seiner CD-Besprechung, ohne allerdings auf die Interpretation näher einzugehen, im Magazin Rondo hingewiesen, woraufhin ein Disput mit Olaf Krone einsetzte. An dieser Stelle soll jedoch nicht diese Diskussion fortgeführt werden. Wer auch immer der Komponist des Requiems in c-Moll ist, es handelt sich dabei um eine interessante und sehr gelungene Komposition, die aufgrund ihrer Qualität eine Aufnahme rechtfertigt.
Wie die beiden übrigen Werke auf der CD, die Missa Sancti Joannis Nepomuceni (MH 182) und das Te Deum in D (MH 829), die zweifelsfrei Kompositionen Michael Haydns sind, kommt auch das Requiem ohne Vokalsolisten aus und wird somit allein vom Chor getragen. Dies ist leider auch der Schwachpunkt der Aufnahme, denn der Chor ist in vielerlei Hinsicht den Anforderungen nicht gewachsen. Sowohl was die Homogenität und die Transparenz des Chorklangs als auch die Artikulation betrifft, kann das Ensemble nicht befriedigen. Der Qualitätsunterschied zwischen Orchester und Chor ist zu groß und die von der Kammerakademie gesetzten musikalischen Impulse werden nur ungenügend vom Chor aufgegriffen.
An einigen Stellen wirken die beiden Ensembles sogar wie Fremdkörper, die erst später zusammengefügt wurden. Hierdurch wird letztlich auch die farbige und spannungsreiche Wiedergabe durch die Instrumentalisten überdeckt. Dieses Manko gilt im Übrigen leider auch für die beiden anderen aufgenommenen Werke. Im Fall des Requiems, das vermutlich von Georg von Pasterwitz stammt, kann man nur hoffen, dass sich bald ein anderer Chor dieses Werks annimmt. Bis dahin muss man mit dieser zwiespältigen Aufnahme vorliebnehmen.
Klemens Fiebach