Mozart, Wolfgang Amadeus
Requiem d-Moll
Diese Neuaufnahme des Requiems von Wolfgang Amadeus Mozart enthält eine vorsichtige und maßvolle Revision der Version Franz Xaver Süßmayrs durch Franz Beyer. Zutreffend beschreibt das umfangreiche Booklet das Requiem als work in progress; auch diese kaum auffällige Fassung wird Befürworter und Kritiker finden.
Wichtiger als der Stand der Bearbeitung des Notentexts ist die interpretatorische Leistung. Georg Christoph Biller wählte, wie kaum anders zu erwarten, ein Ensemble, das aus Mitgliedern des Gewandhausorchesters besteht; das Begleitheft zählt acht erste Violinen, acht zweite Violinen, insgesamt 40 Instrumentalisten. Das ist weniger als etwa bei Herreweghe; entsprechend kammermusikalisch und transparent geht es hier zu, ohne dass die philharmonische Tradition gänzlich verleugnet worden wäre. Der Thomanerchor singt sowohl die Aggressivität wie auch die zarten Momente der Partitur voll aus; bemerkenswert zum Beispiel ist die fast überirdische Schönheit des Voca me im Confutatis. Dabei wird ein Äußerstes an Frische und Transparenz gegeben. Der Knabenchor steht den erwachsenen Chören in keiner Weise nach.
Insgesamt ist der Duktus der Aufnahme unsentimental, lässt aber der Emotionalität ihren Raum. Die Solisten passen sich dem Gesamtklang hervorragend an. Vor allem Jutta Böhnert (Sopran) setzt ihr Vibrato sehr gezielt, also keineswegs undifferenziert ein; sie kann im ersten Moment mit einem Knabensopran verwechselt werden. Der Bass Gotthold Schwarz, etwas großzügiger mit dem Vibrato, bleibt gleichwohl schlank. Ähnliches ist von Susanne Krumbiegel (Alt) und Martin Petzold (Tenor) zu vermerken. Die Neuaufnahme besticht durch ihre Qualitäten und nimmt einen guten Mittelplatz ein zwischen historischer Aufführungspraxis und philharmonischer Breite. Sie ist empfehlenswert.
Diederich Lüken