Pekka Kostiainen

Requiem

Suvi Väyrynen (Sopran), Ena Pongrac (Mezzosopran), Simo Mäkinen (Tenor), Tapani Plathan (Bass), Musica Choir, Jyväskylä sinfonia & St. Michel Strings, Ltg. Ville Matvejeff

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Alba Records
erschienen in: das Orchester 09/2019 , Seite 66

An der Sibelius-Akademie in Helsinki als Kirchenmusiker, Komponist und Dirigent ausgebildet, wirkte Pekka Kostiainen (*1944) in den Jahren 1971 bis 2000 als Dozent für Musikwissenschaft an der Universität Jyväskylä. Dort gründete er auch den Musica Choir, den er bis heute leitet. Als Chorkomponist im Norden bestens bekannt, schuf er neben oratorischen Werken auch Opern, Orchesterwerke, Kammermusik und Solostücke.

Das Requiem entstand 2014 auf Bestellung der Gemeinde Jyväskylä und der Jyväskylä Sinfonia. Wie der Komponist im Geleitwort andeutet, entschied er sich alsbald, die düstersten Textstellen der Totenmesse, zumal die Sequenz „Dies irae“, auszulassen – das „Lacrimosa“ ausgenommen. Zu Beginn seiner Arbeit versenkte er sich in die Gipfelwerke der Gattungsgeschichte. Am tiefsten jedoch berührte ihn die Missa pro defunctis des portugiesischen Renaissance-Komponisten Manuel Cardoso (1566-1650). Die unbegleiteten Messkompositionen des Kapellmeisters und Subpriors am Karmeliterkloster zu Lissabon entspringen dem Gregorianischen Choral.

Die besondere Aufmerksamkeit des Finnen galt der Kontrastbildung, was sich am deutlichsten im „Agnus Dei“ zeigt. „Das ‚Lamm Gottes‘ nahm die Sünden der Welt auf sich“, begründet er den Trompeten- und Hörnerschall, der den Bass-Solisten umtost – Vision des blutenden Christus, dem der unbegleitete Chor das Gebet der Gemeinde entgegenträgt. Die Abschnitte vor und nach dem „Agnus Dei“ wirken feierlich und licht. Im Schlussteil „In Paradisum“ gewinnen Friede, Gnade und Liebe die Oberhand.

Durchgängig tonal, sogar kirchentonal gehalten, überwiegend flächig und Note gegen Note gesetzt, verströmt das fast einstündige Werk chorsinfonische Würde. Kostiainen folgt den klassischen Stimmführungsregeln. Dissonante Vorhalte werden gehörig eingeführt und aufgelöst. Die Chorstimmen des „Kyrie“ enthalten quasi organale Partien. Im „Lacrimosa“ zittern nur kurz die Schrecken des Gerichtstags nach. Das „Domine Jesu Christe“ (Offertorium) beginnt quasi gregorianisch, bevor der Löwe paukendröhnend den Rachen aufsperrt. Innig die Damensoli des 6. Teils „Hostias“ an der Textstelle „fac eas, Domine, de morte transire ad vitam“. Ausgearbeitete Fugen findet man weder beim „quam olim Abrahae“ noch bei „Hosanna in excelsis“.

Unter Leitung des finnischen Dirigenten Ville Matvejeff, Chef der Jyväskylä Sinfonia, finden Vokalsolisten, Chor und Orchester einvernehmlich zueinander. Die Vorliebe des (auch komponierenden) Dirigenten für die menschliche Stimme zeigt sich sowohl in der Chorführung als auch in der Wahl und Balance des Solistenquartetts, das seine Botschaften so unsentimental vorbringt, wie es der liturgische Grundcharakter gebietet.

Lutz Lesle