René Pape

Wagner

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Deutsche Grammophon DG 4776617
erschienen in: das Orchester 11/2011 , Seite 72

Den Dresdner Bassist René Pape und den Dirigenten Daniel Barenboim verbindet eine langjährige, intensive musikalische Zusammenarbeit, nicht zuletzt durch die vielen gemeinsamen Auftritte an der Berliner Staatsoper. Auch auf CD ist diese besonders im Wagner-Fach in beachtlichen Gesamteinspielungen dokumentiert wie der des Lohengrin mit Pape als ausdrucksstarkem König Heinrich, besonders aber im Tannhäuser, bei dem Pape als differenzierter Landgraf aus einem ansonsten etwas unausgeglichenen Ensemble heraussticht. Dass Papes erstes, für einen Sänger seiner Statur recht spätes Wagner-Recital nun bei der Deutschen Grammophon erscheint, ist sicher auch der Tatsache des neuen Exklusivvertrags des ihn begleitenden Chefdirigenten der Deutschen Staatsoper Berlin mit Universal geschuldet – inzwischen sind bei der DG auch zwei Chopin-Einspielungen mit Barenboim als Pianist und ein Album mit ihm am Pult des von ihm mit gegründeten West-Eastern Divan Orchestra bei der ebenfalls zu Universal gehörenden Decca erschienen.
René Papes Wagner-Recital mit der Staatskapelle Berlin präsentiert ihn als profunden, sehr textverständlichen Bass mit markanter Tiefe und sicherer, gelegentlich etwas glanzloser Höhe. Trotz des erstaunlich gut gelungenen „Lieds an den Abendstern“ des Wolfram aus Tannhäuser ist Pape aber eindeutig kein Bassbariton, was sich auch in dem eingeschränkten Farbenreichtum der Höhe niederschlägt.
Zu einem Höhepunkt der Zusammenarbeit von Barenboim, Pape und der Berliner Staatskapelle, die in Sachen Wagner nicht nur in Deutschland keine Konkurrenz zu fürchten hat, wird „Wotans Abschied“ aus der Walküre (Papes Rollendebüt mit dem Walküren-Wotan wurde jüngst in Berlin zu einem umjubelten Erfolg). Die Staatskapelle hat sich unter Barenboim zu einem Klangkörper mit sehr ausgewogenem, dunkel grundiertem Klang entwickelt, der auch zu beachtlicher Differenzierung fähig ist. Markante, aber dennoch geschmeidige Streicher, farbenreiche Holzbläser und eine Blechbläsersektion, die bei allem dynamischen Nachdruck nie vulgär klingt, prägen dieses Orchester. Von Barenboim bestens unterstützt, zeichnet der Bassist auf der CD die Skrupel des Göttervaters nach, der seine Tochter verstoßen muss. Lyrische Qualitäten offenbart Pape im „Fliedermonolog“ des Hans Sachs, dessen Schlussansprache der Meistersinger von Nürnberg er zudem mit gebremstem Pathos bietet, von Barenboim klangmächtig umspült. Zudem präsentiert Pape sich in der Mini-Bass-Partie des Nachtwächters aus den Meistersingern als Luxusbesetzung.
Besonders interessant ist der Vergleich der Auszüge aus dem dritten Akt des Parsifal mit der vor wenigen Monaten erschienenen Gesamtaufnahme des Bühnenweihfestspiels, in der Pape die Partie des Gurnemanz unter Valery Gergiev und dem Orchester des St. Petersburger Mariinsky Theaters singt. Die Petersburger unter Gergiev sind Pape in dieser Partie, die ihm als Bass vielleicht am nächsten liegt, kompetente Partner. Auch von der weniger direkten Aufnahmetechnik der Petersburger Produktion unterstützt, wirkt der Bassist in der russischen Gesamtaufnahme gegenüber dem DG-Recital sogar noch eine Spur stimmlich abgerundeter.
Walter Schneckenburger