Faßbender, Jürgen / Jan Schumacher / Jochen Stankewitz (Hg.)
Reine Männersache 2
60 geistliche Stücke für Männerchor. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart
Es ist ein weit bekanntes und unter einschlägig vorbelasteten Chorleitern viel beklagtes Phänomen, dass für Männerstimmen erstaunlich viel weltliches, aber nur relativ wenig geistliches Repertoire mit einem gewissen Niveau zu haben (oder zumindest in den Notenschränken der Gesangsvereine zu finden) ist. Und doch obliegt es den meisten Gesangsvereinen ja nicht nur, gelegentlich Liederabende oder Wettbewerbe auch einmal mit geistlicher Literatur aufzuhübschen, sondern immer wieder auch Gottesdienste, Hochzeiten oder Beerdigungen musikalisch zu begleiten. Dieser Band bietet für solche Gelegenheiten eine Mischung aus insgesamt 60 geistlichen Klassikern und Neuentdeckungen für drei- bis vierstimmigen Männerchor.
Das beginnt mit einem (einstimmigen) gregorianischen Cantate Domino, dem zehn Stücke aus Renaissance und Barock folgen, u.a. von Jacob Arcadelt, Johann Walther, Antonio Lotti oder Giovanni Battista Martini. Ein Block mit 15 Werken aus Klassik und Romantik reicht von Karl Heinrich Graun über Haydn, Mendelssohn und Bruckner bis hin zu Rimskij-Korsakow und André Caplet, bevor 20 Sätze aus dem 20. und 21. Jahrhundert Komponisten wie Rudolf Mauersberger, Frank Sittel und Ola Gjeilo (als den jüngsten Autor, geb. 1978) anführen. Ein vierter Teil des Buchs ergänzt das Repertoire mit 13 Sätzen bekannter und weniger bekannter Spirituals, von Nobody knows the trouble Ive seen, über Now let me fly bis hin zu Deep River. Naturgemäß handelt es sich bei einigen der Stücke nicht um Originalkompositionen für Männerchorbesetzung, sondern um Bearbeitungen, doch sind diese sehr gelungen.
Im Ambitus bewegen sich alle Stücke in den üblichen Grenzen der Männerchorliteratur (F, ausnahmsweise E, bis g1, gelegentlich a1). Hinsichtlich des Schwierigkeitsgrads findet sich eine relativ große Bandbreite von sehr leicht bis mittelschwer, denn vor allem manche zeitgenössischen Kompositionen weisen doch gewisse rhythmische oder harmonische Finessen auf (ein Stück auch grafische Notation), die beim Einstudieren
einige Zeit in Anspruch nehmen dürften; doch liegen alle Stücke für einen durchschnittlichen Männergesangsverein im Bereich des Möglichen.
Textlich decken die Herausgeber mit ihrer Auswahl die Auftrittsanlässe der meisten Chöre gut ab: Da finden sich sowohl Sätze zum Messordinarium (wenn auch keine durchgängige Messkomposition) als auch eine reiche Auswahl an Propriumsgesängen (vom Ave Maria bis zum Tristis est), Stücke für Beerdigungen und Aussegnungen, selbst ein Stabat mater, aber ebenso Texte für fröhlichere Anlässe (Cantate Domino, Jubilate
).
Sicher: Kein Chor wird alle enthaltenen Stücke brauchen und aufführen können, und so stellt sich auch bei dieser Sammlung die Frage, ob eine Anschaffung des ganzen Bandes in Chorstärke wirklich lohnt doch kann man immerhin davon ausgehen, dass sich in diesem Buch für fast jede geistliche Sangesgelegenheit etwas findet.
Andrea Braun