Paganini, Niccolò
Quartetto No. 15
für Viola, Violine, Violoncello und Gitarre Urtext, Partitur und Stimmen
Hohe Popularität erlangte Niccolò Paganini als Teufelsgeiger, dessen Virtuosität und gefällig-melodischer Charme seiner Musik bis heute ungebrochen anhält. Doch nur Eingeweihte wissen, dass zu seinen berühmt-berüchtigten Violinkonzerten und anderen zum Teil halsbrecherischen Werken für das edle Saiteninstrument eine durchaus stattliche Reihe von Kammermusiken hinzukommt. So entstanden beispielsweise in den Jahren 1817 bis 1820 15 Quartette für Violine, Viola, Violoncello und Gitarre. Davon sind bislang laut New Grove Dictionary lediglich die Nr. 7 und 9 ediert worden. Kürzlich legte nun der Zimmermann-Verlag mit seinem Herausgeber Kurt Schumacher das Quartetto No. 15 für diese Besetzung vor, wobei hier jedoch nicht die Violine, sondern die Viola einen fast solistischen Hauptpart trägt.
Kurios ist die Tatsache, dass es von diesem Quartett bereits seit Ende 1984 eine Schallplattenaufnahme gibt, die seinerzeit der Stuttgarter Carus-Verlag mit Vidor Nagy, Ernö Sebestyén, Martin Ostertag und Baldur Pollich herausbrachte. Einer der vier Musiker reiste damals in die Biblioteca Casanatense nach Rom, schrieb die Noten des Quartetts ab und dann spielten die Vier aus dem handschriftlichen Manuskript. Es war sogar geplant das Quartett zu veröffentlichen, doch der Verlag verwarf diese Pläne er wollte seinem Prinzip, sich auf geistliche Musik zu konzentrieren, treu bleiben und so vergingen bis zur jetzigen Erstveröffenlichung noch zwanzig Jahre.
Das fünfsätzige, etwa 18-minütige Werk ist nicht nur wegen der Bevorzugung der Bratsche ungewöhnlich, die sich im ersten Satz über mangelnde Arbeit nicht zu beklagen braucht, sondern auch wegen zweier Rezitativo-Teile in der Mitte und im nachfolgenden Adagio. Spieler mit einer Balken-Phobie seien hier ausdrücklich gewarnt: ausgeschriebene Tremoli und Arpeggien in Vierundsechzigstel- und dann sogar Einhundertachtundzwanzigstel-Noten (ich ersparte mir, die einzelnen Noten nachzuzählen) verdunkeln das sonst so klare Notenbild. Musikalisch heiter ist das Minuetto a Canone, in dem Bratsche und Violine im Abstand eines Viertel- oder Achtelschlags gemütlich ihre Melodien spielen. Man gewinnt den Eindruck, als ob hier Lehrer und Schüler, der zwar etwas hinterherhinkt, doch schön miteinander vereint im Duo spielen. Im Trio kommt dann die Gitarre ein wenig zu Wort, die, wie auch das Violoncello, im Quartett insgesamt etwas vernachlässigt wird. Das Rondo bringt mit seinem Synkopenthema das überaus reizvolle Werk zum Abschluss.
Man wundert sich schon, dass von solch schöner Musik so wenig veröffentlicht ist. Wie das Quartetto No. 7, von dem seit 1973 eine Schallplattenaufnahme existiert, scheinen diese Quartetti angenehm zu hörende und dankbar zu spielende Musik zu sein. Der Verlag sollte sich daher bemüßigt sehen, weitere Kammermusik von Paganini zu publizieren. Er fände sicherlich viele dankbare Abnehmer.
In dieser mit einer ulkigen Schrift versehenen Ausgabe ist das Layout klar und das Notenbild gut zu lesen, die Stimmen sind so eingerichtet, dass diese weitgehend (außer vielleicht einmal beim Violoncello) ohne großen Umblätterstress hervorragend spielbar sind. Eine erstellte Partitur vereinfacht aufkommende Fragen während des gemeinsamen Musizierens. Vorwort und Revisionsbericht mit Einzelanmerkungen runden das herrliche Werk ab.
Werner Bodendorff