Mayer, Emilie

Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello G-Dur

Partitur und Stimmen, hg. von Reinhard Wulfhorst

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Massonneau, Schwerin 2012
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 71

Mit der Erstveröffentlichung des Klavierquartetts von Emilie Mayer kann die Edition Massonneau in mehrfacher Hinsicht punkten: Einerseits bereichert sie das Repertoire von Werken europäischer Komponistinnen um ein gewichtiges Kammermusikwerk, zum anderen lenkt sie den Blick auf eine schillernde Komponistinnenfigur des 19. Jahrhunderts jenseits von Clara Schumann und Fanny Hensel, und schließlich weist sie auf die reiche Musiktradition Mecklenburg-Vorpommerns hin.
Emilie Mayer (1812-1883) aus Friedland (Mecklenburg-Strelitz) war eine unmittelbare Zeitgenossin Richard Wagners und gehört damit in die gleiche Komponistengeneration wie Felix Mendelssohn Bartholdy (*1809), Robert Schumann und Frédéric Chopin (*1810) und Franz Liszt (*1811) – um nur einige markante Musiker ihrer Zeit zu nennen. Mit fünf Jahren erhielt sie ersten Klavierunterricht, früh begann sie das Komponieren. Sie war Kompositionsschülerin Carl Loewes, schrieb in dieser Zeit Kammermusik und Symphonien und setzte ihre Studien bei dem Musiktheoretiker Adolph Bernhard Marx fort.
Emilie Mayer war finanziell unabhängig und daher in der Lage, auch groß besetzte Werke durch Konzerte verbreiten zu können. Sie war die meistaufgeführte Komponistin ihrer Zeit und hinterließ acht Symphonien, 15 Ouvertüren, ein Klavierkonzert und ein sehr umfangreiches Kammermusikschaffen. Stilistisch war sie von den Klassikern, vor allem Beethoven, und den frühromantischen Meistern geprägt.
Das vorliegende Klavierquartett wird auf 1857 bis 1860 datiert. Zu einer offensichtlich geplanten Druckausgabe ist es zu Lebzeiten der Komponistin jedoch nicht gekommen. Das Quartett wurde 2012 bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern in prominenter Besetzung – mit dem Fauré-Quartett – wohl erstmals nach dem Tod Mayers aufgeführt.
Das viersätzige Werk kann die erwähnten Vorbilder und Traditionen nicht verleugnen, erweist sich dabei als konzertwirksames Opus von klarer formaler Struktur und einprägsamen Themen. Die pianistischen Ansprüche des streckenweise sehr solistisch angelegten Klavierparts bewegen sich im Rahmen klassischer Klaviertechnik, immer gut und brillant klingend, dabei nur selten von größerer Schwierigkeit. Vergleichbares gilt für die Streicher, die sich über weite Strecken als homogener Block dem Klavier gegenüberstellen. Für versierte Spieler dürfte das Werk keine technischen Herausforderungen stellen.
Die Edition, die von einem informativen Vorwort eingeleitet wird (für den editorischen Bericht wird auf die Internetseite des Verlags verwiesen), ist leider nicht frei von Layout- und Druckfehlern (1. Satz, T. 9, Klavier linke Hand, muss im 2. Akkord des’ statt f’ haben). Dies schmälert grundsätzlich jedoch nicht den Verdienst dieser Erstausgabe, auf ein lohnendes Klavierquartett hinzuweisen, das einen Platz im Repertoire verdient.
Christian Ubber