Hans Pfitzner

Quartett c-Moll op. 50

für Streichquartett, Partitur/Stimmen

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Johannes Oertel Verlag/Schott, Mainz
erschienen in: das Orchester 6/2023 , Seite 67

Das Schriftbild überrascht zunächst. Es scheint nicht ganz aus unserer modernen Welt zu stammen. Und richtig: Die Partitur wurde bereits 1942 veröffentlicht, im Jahr nach der Entstehung von Hans Pfitzners c-Moll-Streichquartett, dem letzten von insgesamt vier Streichquartetten. Eingerechnet ist bei dieser Zählung das Jugendwerk des erst 17-Jährigen, das erst 1972 veröffentlicht und später als „Nullte“ bezeichnet wurde – ähnlich wie vormals bei Anton Bruckner.
Die Neuedition, die der Schott-Verlag 2022 mit originalem Schriftbild veröffentlichte, bezieht sich in Gänze auf die Veröffentlichung von Johannes Oertel, der eben damals in Berlin das Streichquartett mit der Opuszahl 50 ans Licht der Öffentlichkeit brachte. Johannes Oertel (1879–1961), der 1898 in den damals international bekannten Verlag Adolph Fürstner eingetreten war und bald zum ersten Mitarbeiter des Verlags avancierte, erhielt vom 1935 nach London emigrierten Otto Fürstner auf zehn Jahre die Pacht über die deutschen Verlagsrechte und gründete daraufhin einen eigenen Verlag. In dieser Zeit wurde Oertel zum wichtigen Verleger einiger späterer Opern wie Daphne von Richard Strauss sowie unter anderem eben jener Werke – Opus 46 bis 57, mit Ausnahme von Opus 56 – von Hans Pfitzner.
Nach dem Krieg erhielt Fürstner im Jahr 1950 zwar die Verlagsrechte teilweise wieder zurück, war aber gezwungen, Teile dieser Rechte, darunter Pfitzners Werke, an Schott zu verkaufen. Deswegen konnte Schott nun ohne große Umschweife eine neue praktische Ausgabe ohne Korrekturen herausgeben. Somit wird eine wissenschaftlich fundierte Neuausgabe mit Quellenangaben und Bezügen zur Entstehungsgeschichte des Quartetts, seine Einbettung in die Werkgenese und nicht zuletzt Erhellendes zur Biografik wohl noch etwas auf sich warten lassen.
Da es damals nicht unbedingt gebräuchlich war, einem Werk ein Vorwort voranzustellen, erfährt man wenig über das neue Quartett. Das kann als vertane Chance empfunden werden, mehr Licht in das Dunkel zu bringen. Dass das letzte, im Kriegsjahr 1941 komponierte und mit dem Datum des „1. Januar 1942“ versehene Quartett in der Literatur lapidar dem Alterswerk zugerechnet wird, ist eine Binsenweisheit für einen 72-Jährigen, die eigentlich wenig aussagt. Ein interessierter Mensch kann bei der Hans-Pfitzner-Gesellschaft in einer von Rolf Tybout im Netz zusammengestellten Diskografie der Werke unter „Kammermusik“, Rubrik „X“ nachlesen, wer das Quartett bereits aufgeführt hat.

Werner Bodendorff

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