Hotteterre, Jacques martin
Principes de la Flûte
Kommentierte Übersetzung aus dem Französischen mit Einführung und Zusammenfassung sowie Grifftabellen für Traversflöte, Blockflöte und Oboe von Karl Kaiser
Jacques Martin Hotteterres Principes de la Flûte ist die erste Schule überhaupt, die sich dem Spiel der sich erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Soloinstrument etablierenden Traversflöte widmet. Also ein Werk, das auch für heutige Flötisten, die sich mit der (insbesondere französischen) Musik des 18. Jahrhunderts befassen, zur absoluten Grundausstattung gehört und manch anderem Instrumentalisten mag es ebenfalls von Nutzen sein: Denn Hotteterre (16731763) beschreibt in seinem erstmals 1707 erschienenen Buch nicht nur die Technik des Traversflötenspiels, sondern geht auch auf Artikulation, Triller und Verzierungskunst, die für das französische Repertoire dieser Zeit so wichtige Inegalité und zahlreiche interpretatorische Aspekte ein, ohne deren Kenntnis man etwa die Musik eines Lully oder Rameau nur sehr inadäquat wiedergeben kann. Ein kleinerer Teil der Schrift übrigens beschäftigt sich auch mit den Grundzügen des Blockflöten- und Barockoboenspiels.
Dieses Werk lag bereits in einer Faksimileausgabe mit Übersetzung des Bärenreiter-Verlags vor, jedoch war lange keine kommentierte Edition dieser Schrift in deutscher Sprache zu haben. Diesem Desiderat verschaffte der selbst unter anderem im Freiburger Barockorchester oder bei La Stagione Frankfurt aktive Traversflötist Karl Kaiser mit dieser Ausgabe nun Abhilfe.
Hotteterres französischen Originaltext freilich findet man in diesem Heft nicht, dafür jedoch eine von Kaiser neu angefertigte, sehr wortgetreue Übersetzung. Wundert man sich auf den ersten Blick über das Querformat des Hefts, in dem auf jeder Seite zwei Spalten stehen, so wird bei der Lektüre schnell klar, dass dieses durchaus Sinn macht: Auf vielen Seiten sind so viele und ausführliche Fußnoten Kaisers angebracht, dass die jeweils rechte Spalte gänzlich von diesen ausgefüllt wird und man ist dem Au-
tor sehr dankbar, dass man nicht erst jeweils zum Ende des Buchs blättern muss, um dort die Fußnoten einzusehen. In diesen übrigens erläutert er nicht nur den Originaltext, sondern versorgt den Leser auch mit Hintergrundwissen zu Instrumenten und Spieltechniken der Zeit sowie Tipps zur Praxisumsetzung.
Neben Übersetzung und Kommentar bietet diese Neuerscheinung noch die Vorworte der Ausgaben 1708 und 1715 von Hotteterres Premier Livre de pièces in Deutsch, in denen die wichtigsten Verzierungen in Wort und Notentext vorgestellt werden. Der letzte Abschnitt umfasst die (modern gesetzten) Grifftabellen Hotteterres für Triller, Flattements oder Battements, auch für Blockflöte und die Triller für Oboe. Auch für diese Grifftabellen übrigens ist das notenständergerechte Querformat durchaus von Vorteil; dazu lässt sich das relativ flexible Heft auch gut knicken, sodass es nicht ständig zuschlägt.
Insgesamt also handelt es sich hier um eine wirklich erfreuliche Neuausgabe, die zur Grundausstattung jedes Musikers gehören sollte, der sich mit französischer Barockmusik befasst.
Andrea Braun


