Louise Farrenc

Piano Trios 2 & 4/Variations concertantes/Sonata op. 37

Linos Ensemble

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 03/2024 , Seite 70

Für Louise Farrenc die Werbetrommel zu rühren, ist eigentlich nicht mehr nötig. Sie zählt seit langem, vergleichbar mit Fanny Mendelssohn, zu den Komponistinnen, die recht häufig in Konzertprogrammen vertreten sind. Letztere musste allerdings erst aus dem Schatten ihres berühmten Bruders heraustreten. Die 1804 in Paris geborene Farrenc hingegen konnte sich auf die Unterstützung ihres Mannes, des Musikverlegers Aristide Farrenc, verlassen. Zu Lebzeiten war Farrenc in der Musikwelt als Komponistin wie auch als Pianistin geschätzt und etabliert, obwohl sie sich im „operntrunkenen Paris“ nicht der Vokal-, sondern fast ausschließlich der Instrumentalmusik widmete – vielleicht einer der Gründe, weshalb sie nach ihrem Tod 1875 dann doch rasch in Vergessenheit geriet. Durch die Publikation einer Werkausgabe Mitte der 1990er Jahre an der Universität Oldenburg erhielt Farrenc erneut Aufmerksamkeit. Pionierarbeit leistete auch das Label CPO, das ihre Sinfonien und Kammermusik einspielen ließ. Und die Bemühungen um das Œuvre von Farrenc sind bei CPO noch keineswegs beendet, wie die vorliegende Einspielung beweist. 1998 hatte das Ensemble um die Pianistin Konstanze Eickhorst und den Geiger Winfried Rademacher Klavierquintette herausgebracht, 2009 folgten ein Klaviersextett und die Klaviertrios Nr. 1 und Nr. 3.
Die nun vorliegende CD schließt daran an, indem sie die Reihe um die Klaviertrios 2 und 4 komplettiert. Bei Ersterem, entstanden 1844, handelt es sich um ein konventionell besetztes Trio, während Nr. 4 (1856) statt der Violine eine Flöte verlangt. Die Musik besticht durch plastische Themen und, vor allem in den Ecksätzen, durch einen herrlich mitreißenden Schwung. Farrenc schafft es, Tiefsinn, Grazie und effektvolle Virtuosität mühelos zu vereinen. Der Flötenpart im e-Moll-Trio Nr. 4, so hebt es die Autorin des Booklets, die Farrenc-Spezialistin Christin Heitmann, hervor, „zeigt eine vollkommen idiomatische Behandlung des Blasinstruments, dessen Virtuosität und Wendigkeit ebenso zur Geltung kommen wie die melodisch-gesanglichen Qualitäten“.
Ins beste Licht gerückt werden die Kompositionen durch die exzellenten Interpretationen, die Eickhorst, Rademacher sowie Maria Blaumer (Violoncello) und Kersten McCall (Flöte) abliefern. Das gilt auch für die anderen Werke auf dieser CD. Die Variations concertantes sur une mélodie suisse für Klavier und Violine, entstanden vor 1833, führen zurück in die Zeit, als Louise Farrenc noch überwiegend Liebhaberstücke für den aktuellen Musikmarkt schrieb – gefällige Musik, die sich aber von manch Dutzendware abhebt. Von anderem Gewicht ist dagegen die Violinsonate in c-Moll aus dem Jahre 1848: griffige Themen, meisterhafte Behandlung der Form.
Die Aufnahmen entstanden im Januar 2022 im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks. Die Tontechnik leistete in Sachen Präsenz und Durchsichtigkeit des Klangs Mustergültiges.
Mathias Nofze