Händel, Georg Friedrich
Piano Concertos op. 4 HWV 289-294
Georg Friedrich Händel schrieb seine beliebten und vielfach aufgeführten Orgelkonzerte bekanntlich nicht für eine große Kirchenorgel mit Pedal, sondern für kleine Orgelpositive als Einlagestücke für seine Oratorien. Sie lassen sich deshalb, weil ohne Pedalstimme, im Prinzip auf jedem Tasteninstrument spielen. Das Konzert op. 4 Nr. 6 in B-Dur gibt es ja zudem auch in der Version als Harfenkonzert. Warum also nicht Händels Orgelkonzerte einmal auf dem modernen Klavier musizieren? Schließlich ist diese Praxis bei Bachs Cembalokonzerten schon seit langer, langer Zeit üblich und Händels Solowerke für Cembalo werden ja hin und wieder auch auf dem Klavier gespielt. Der Pianist Matthias Kirschnereit hat sich nun auf der vorliegenden Super-Audio-CD der Händelschen Orgelkonzerte op. 4 angenommen. Mit einem überzeugenden Ergebnis.
Natürlich geht es bei einer solchen Übertragung des Orgelparts auf den modernen Konzertflügel nicht um ein wie auch immer geartetes historisch informiertes Spiel, wohl aber um ein ästhetisches Nachempfinden des musikalischen Ausdrucks mit modernen Mitteln und um die Entdeckung neuer Perspektiven bei der Wiedergabe dieses Repertoires.
Kirschnereit, der von der animierend spielenden Deutschen Kammerakademie Neuss unter der Leitung von Lavard Skou Larsen vorzüglich begleitet wird, spielt sozusagen sehr pianistisch und nutzt die klangfarblichen und artikulatorischen Möglichkeiten seines Instruments aus. Er tut das mit sehr viel Geist, Geschmack und Einfühlsamkeit. Er bietet keinen Händel durch die Brille der romantischen Klaviermusik was bei Bach auf dem Klavier ja lange die Regel war und noch immer gepflegt wird , sondern einen, der mit den Mitteln der Gegenwart viele Aspekte dieser barocken Musik neu beleuchtet. Der Pianist überzeugt dabei in den schnellen Sätzen durch ein munteres und perlendes Spiel, das den Rhythmus, ja den Swing dieses reizvollen Stücks in frischer Gangart umsetzt. Zugleich gibt der Solist seinem Part auch dank seiner originellen und kunstvollen Art der Auszierung viele aparte und bis dato unerhörte Facetten. Immer lebt die Musik, ist beredt und bewegt. Sehr schön gelingen auch die langsamen Sätze durch ein fein nuanciertes und kantables Spiel.
In seinem aufschlussreichen Text im Booklet betont Matthias Kirschnereit die Inspiration durch Händels Opern und Oratorien. Ja! Seine Wiedergabe der Orgelkonzerte bringt fern jeder Mechanik in instrumentaler Weise menschliche Affekte zur Sprache. Die SACD ist nicht zuletzt aus diesem Grund so authentisch und ganz Händel. Sie lässt seine Musik auf eine andere Art leuchten: Es ist eine Freude.
Karl Georg Berg


