Schulhoff, Erwin / George Antheil / George Gershwin

Piano Concertos of the 20’s. Vol. II

Concerto for piano and small orchestra / A Jazz Symphony for piano and orchestra / Concerto in F for piano and orchestra

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Arte Nova 82876 51051 2
erschienen in: das Orchester 03/2004 , Seite 84

Der Pianist Michael Rische hat in den vergangenen Jahren mit intelligent-anregend zusammengestellten CD-Programmen auf sich aufmerksam gemacht. Bei EMI ist Variations on Bach erschienen, bei denen der Professor der Kölner Musikhochschule Bachs Chromatische Fantasie und Fuge mit Paul Dessaus Klavierstück über
B-A-C-H sowie Werken von Francis Poulenc, Arthur Honegger, Alfredo Casella, Robert Schumann oder Nikolai Rimsky-Korsakow kombiniert. Ganz in seinem Element ist der mit einer ansprechend-virtuosen Technik gesegnete Leverkusener bei der Musik der 20er Jahre, die im Spannungsfeld von Jazz und Klassik entstand. So stellte er auf der ersten Folge der Klavierkonzerte der 20er Jahre dem bekannten Klavierkonzert von Maurice Ravel die unbekannten von Arthur Honegger, Aaron Copland sowie das erste Klavierkonzert von George Antheil gegenüber, Letzteres als Ersteinspielung. Der bewährten Kombination von Gängigem und Unbekanntem folgt Rische auch auf der nun erschienenen zweiten CD. Hier stellt er Gershwins F-Dur-Klavierkonzert dem Konzert Erwin Schulhoffs sowie George Antheils A Jazz Symphony for piano and orchestra gegenüber. Doch nicht nur bei Gershwin, auch bei Schulhoff erwächst ihm beachtliche Konkurrenz. Aleksandar Madzar hat bei seiner Decca-Einspielung doch ein Mehr an Klangfarben und Anschlagsvarianten parat. Für Rische und seine Neueinspielung spricht aber nicht nur die interessante Programmwahl, sondern neben der unbestreitbaren musikalische Kompetenz auch der günstige Preis.
In seinem erkenntnisreichen Einführungstext weist er auf die unterschiedlichen Stilmittel der drei Kompositionen hin, die ebenso trennen wie vereinen. Der Einfluss des Jazz, oder was man als solchen bezeichnete, ist bei allen zu bemerken. Jazz heißt hier vor allem rhythmisches Feuer, Synkopen, Abkehr von der großen romantischen Geste, auch Lust an provokant Unterhaltendem. Daneben sind, besonders bei Schulhoff, auch dadaistische Züge zu bemerken. Begeisterung für scheinbaren  Nonsens, für  anarchisch Gefärbtes und ein starkes perkussives Element (nicht nur im Klaviersatz) werden denn auch im Spiel Risches prägend. Dieses kommt besonders im Finale von Schulhoffs Konzert zum Ausbruch, das ansonsten eher an Debussy erinnernd beginnt. Solche Elemente kommen auch im differenzierten Spiel des WDR Sinfonieorchesters Köln unter der aufmerksamen Leitung von Gunther Schuller zum Tragen. Hier soll auch auf die positive Rolle der Rundfunksinfonieorchester hingewiesen werde, ohne die keine der empfehlenswerten CDs hätte produziert werden können.
Antheils knapper gefasste Jazz Symphony ist an schockierenderen Tönen interessiert. Michael Rische wird diesen ebenso gerecht wie er den spezifischen Gershwin-Ton trifft. Adäquater Partner sind ihm hierbei wie auch bei Antheil Wayne Marshall und das reaktionsfreudige Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.  Wobei Marshall, der als Pianist und Dirigent über große Gershwin-Erfahrung verfügt, Wert auf einen geschmeidigen Orchesterton legt, der Rische hörbar zu ebensolchem Spiel animiert.
Walter Schneckenburger