Mozart, Wolfgang Amadeus
Piano Concertos Nos. 9 & 21
Die Fülle der Einspielungen von Mozarts Klavierkonzerten im Jubiläumsjahr des Komponisten ist kaum mehr zu überblicken, seien es gerade vollendete Gesamteinspielungen wie die von Matthias Kirchnereit und den Bamberger Symphonikern unter der Leitung von Frank Beermann (arte nova) oder wichtige Wiederveröffentlichungen wie die Einspielungen von Mitsuko Uchida und Jeffrey Tate, die nun erstmals in ihrer Gesamtheit vorgelegt wurden (Philips).
Yu Kosuge, 1983 in Tokyo geboren, ist bislang vor allem mit romantischem Repertoire hervorgetreten. Mit den Präludien Chopins (Sony) und Liszts Transzendentalen Etüden (Sony) unterstrich sie ihre manuelle Klasse und die profunde Musikalität. Mit dem NDR Sinfonieorchester hat sie nun ihre erste Mozart-CD vorlegt. Kosuge präsentiert sich mit zwei anspruchsvollen, unterschiedliche Lebensphasen Mozarts repräsentierenden Werken: dem Jeunehomme-Konzert KV 271 und dem in C-Dur KV 467.
KV 271 entstand in Salzburg in einer für Mozart eher bedrückenden Zeit. Die großen Wunderkind-Reisen waren vorüber, der 21-jährige Komponist fühlte sich räumlich und künstlerisch beengt, die Begegnung mit der Pariser Pianistin Louise-Victoire Jenamy inspirierte Mozart zu einem frühen Meisterwerk. Yu Kosuge rückt trotz aller manueller Überlegenheit nicht die durchaus vorhandenen virtuosen Elemente in den Vordergrund. Unterstützt von Lawrence Foster und dem klangmächtig musizierenden NDR Sinfonieorchester wählt sie insgesamt eher zurückgenommene Tempi. Die klangliche Ausformung und Durchdringung des Konzerts, besonders in den Mozartschen Kadenzen, die weniger der Selbstdarstellung des Interpreten dem der motivisch-thematischen Arbeit geschuldet sind, unterstreicht sie dank ihrer Phrasierungskunst und ihres Differenzierungsvermögen.
Im Gegensatz zum Jeunehomme-Konzert entstand KV 467 in der Wiener Zeit Mozarts für den eigenen Gebrauch, daher gibt es auch keine Kadenzen von Mozarts Hand. Das Schwesterwerk zum dämonisch angehauchten d-Moll-Konzert wurde für eine der Akademien des Jahres 1785 in einer für den Komponisten dank des öffentlichen Interesses recht erfolgreichen Zeit komponiert. Die japanische Pianistin zelebriert hier lustvoll-virtuos das theatralische Moment des Konzerts, wobei ihr Foster und das mit großem Ton, bei den Holzbläsern zugleich aber mit Liebe zum Detail musizierende NDR Sinfonieorchester überzeugende Partner sind.
Im Vergleich mit der jüngst erschienenen Interpretation von KV 467 durch Mauricio Pollini (Deutsche Grammophon), der die Wiener Philharmoniker vom Flügel aus leitet, wählt Kosuge etwas vorantreibendere Tempi, spielt eine Spur schlanker als Pollini, der die Kadenzen des zeitgenössischen Komponisten Salvatore Sciarrino, der durch seine Opern bekannt wurde, gewählt hat, während die Japanerin sich für durchaus überzeugende eigene Kadenzen entschieden hat. Yu Kosuges Einspielung zweier populärer Mozartkonzerte kann sich trotz beachtlicher Konkurrenz auf überzeugendem Niveau behaupten.
Walter Schneckenburger