Mozart, Wolfgang Amadeus

Piano Concertos K 503 & K 466

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Deutsche Grammophon 479 1033
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 77

Mehr als ein halbes Jahrhundert waren Martha Argerich und Claudio Abbado künstlerisch und menschlich einander verbunden. Bereits Mitte der 1950er Jahre lernten sie sich bei einem Meisterkurs des Pianisten Friedrich Gulda in Salzburg kennen. 1967, als Abbado längst definitiv ans Dirigentenpult gewechselt war, nahmen sie mit den Berliner Philharmonikern Prokofjews expressives Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur und Ravels Klavierkonzert G-Dur auf.
Die innige Vertrautheit zwischen den beiden Ausnahmekünstlern klingt auch in ihrer letzten gemeinsamen Live-Einspielung für die Deutsche Grammophon durch, die weniger als ein Jahr vor dem Tod des Dirigenten entstand. Beim Lucerne Festival zu Ostern 2013 führten sie mit dem Orchestra Mozart zwei Klavierkonzerte von dessen Namenspatron mit einer Frische und Lebenslust auf, die auf weitere Begegnungen hoffen ließ.
In Mozarts heiterem letzten Wiener Konzert C-Dur K 503 von 1786 vereinen sich in dieser Aufnahme Argerichs fast kindlich-unbeschwerte Spielfreude und Abbados elegant fließendes Dirigat auf so natürliche Weise, dass die Musiker unweigerlich auf einen Höhenflug mitgenommen werden. Abbados Credo des Aufeinander-hörens und Musizierens unter Freunden haben alle ganz offenkundig verinnerlicht. Im ständigen Wechsel zwischen Dur und Moll tritt das Klavier virtuos hervor und bleibt doch immer Teil eines organischen Ganzen. Im ersten Satz Allegro maestoso spielt Martha Argerich die Solokadenz von Friedrich Gulda. Nach dem schwärmerischen Andante treten im letzten Satz Allegretto Klavier und Streicher in einen schwungvollen Dialog, dem sich auch die hervorragenden Holz- und Blechbläser anschließen.
Das ein Jahr vorher komponierte Konzert d-Moll K 466 beginnt unruhig und düster, verliert durch die mitreißende, transparente Interpretation jedoch alles Bedrohliche. Martha Argerich tanzt mit ihren Fingern förmlich über die Tasten, so perlend hat man Beethovens Kadenzen in diesem Stück selten gehört. In dem zweiten in B-Dur stehenden liedhaften Satz Romanze wird sie von den übrigen Musikern einfühlsam begleitet, bevor sich im Rondo Solistin und Orchester nochmals in einem abschließenden übermütigen Reigen vereinen und das Werk in D-Dur ausklingen lassen.
Die Mozart-Konzerte bildeten das jeweilige Herzstück der zwei Luzerner Konzertabende, an denen das Orchestra Mozart außerdem Werke von Beethoven und Schubert interpretierte. Abbados Tod am 20. Januar 2014 hat eine als äußerst schmerzlich empfundene Lücke hinterlassen. Eine Woche zuvor hatte das in Bologna beheimatete Orchestra Mozart aus finanziellen Gründen alle Aktivitäten bis auf Weiteres aussetzen müssen. Die Familie des Dirigenten ist nun entschlossen, den Klangkörper wiederzubeleben, um Abbados reiches künstlerisches Erbe in die Zukunft zu
führen.
Corina Kolbe