Mozart, Wolfgang Amadeus

Piano Concerto in C major No. 21 KV 467 (“Elvira Madigan”)/ in B flat major No. 27 KV 595

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Avi-music 8553257
erschienen in: das Orchester 02/2014 , Seite 75

In Zeiten, in denen von Mozarts Klavierkonzerten eine Übermasse an Einspielungen greifbar ist, haben es Neuerscheinungen naturgemäß schwer, selbst wenn die Aufnahme aufnahmetechnisch so außerordentlich durchhörbar und natürlich klingt wie im vorliegenden Fall. Paavo Järvi, Lars Vogt und das hr-Sinfonieorchester bieten Mozart in Art der Tradition Karl Böhms, mit moderaten Tempi, großer Virtuosität und beachtlicher Klangschönheit. Dennoch scheint – selbst im Vergleich etwa mit Einspielungen George Szells (mit Robert Casadesus) oder Neville Marriner (mit Alfred Brendel) – die Neuveröffentlichung eher betulich denn lebhaft. Zugegeben, die Akustik der Alten Oper Frankfurt ist in herrlicher Weite eingefangen, das Orchester klingt außerordentlich durchhörbar, doch stimmt nicht immer die Balance zwischen Solo und Orchester – oft scheint das Orchester über Gebühr in den Hintergrund gerückt (und zwar durch die Interpretation, nicht die Aufnahmetechnik). Außerdem erweisen sich die Frankfurter Rundfunksinfoniker insbesondere in den Violinen in diversen Momenten schwächer als viele Konkurrenzorchester, nicht zuletzt weil die für viele Orchestermusik bis 1950 so wichtige Trennung von ersten und zweiten Violinen auf dem Podium aufgegeben wurde. In ausgesprochen vielen Momenten bleiben die Violinen viel zu zurückhaltend, werden so die klanglichen Proportionen empfindlich beeinträchtigt.
Natürlich gibt es klanglich viele Schönheiten, der berühmte langsame Satz des C-Dur-Konzerts ist angemessen stimmungsvoll, wenngleich auch hier die Violinen etwas hinter den Vergleichseinspielungen zurückbleiben. Die konzertanten Passagen sind kunstfertig ausmusiziert, doch bleibt auch in ihnen die musikalische und emotionale Dichte früherer Einspielungen unerreicht, das Ganze wirkt mehr buchstabiert denn von Herzen empfunden. Im B-Dur-Konzert verbleibt das Orchester im eher graziösen Klang, der „große Gestus“, den die Musik aber gelegentlich auch fordert, kommt im Grunde zu kurz. Vor allem bleiben aber die Klangfarben der Musik fremd – wir sehen hier Mozart durch die Augen einer eigentlich heute vergangenen Tradition.
Lars Vogt bietet feine und feinste Ausdrucksvaleurs, enorme Anschlagskultur, beeindruckende Präzision und Finesse, doch reicht dies nicht, um rundum zufriedenstellende Ergebnisse zu bringen. Nicht nur geht seine solistische Leistung in dieser nicht optimalen Umgebung teilweise etwas unter, auch scheint die Pianistik gelegentlich mehr Selbstzweck denn der Empfindung der Musik untergeordnet. So bleibt der Gesamteindruck jener einer brillanten, aber leider keiner wirklich großen Einspielung der beiden Mozart-Konzerte.
Jürgen Schaarwächter

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