Töpel, Michael
Petits Fours
Vier Stücke für Violoncello und Klavier, Partitur mit Stimmen
Ebenso schmackhaft wie kalorienreich sind jene kleinen konditorischen Wunderwerke, die der vorliegenden Komposition Michael Töpels ihren Namen leihen. Man könnte boshafterweise ergänzen: ebenso unwiderstehlich wie überflüssig. Lassen sich all diese Charakteristika auch auf das Töpelsche Kleingebäck anwenden?
Fraglos handelt es sich um charmante Petitessen, um gelungene Beiträge zum Genre Spielmusik, wobei hinsichtlich der technischen Anforderungen dem klavierspielenden Duopartner in punkto Griffsicherheit durchweg mehr abverlangt wird als dem cellospielenden: Abgesehen von einigen freihändig zu erreichenden hohen Flageolett-Tönen und wenigen weiteren Ausnahmen verbleibt der Cellopart im Normalbereich zwischen C und a’. Nur wenige Doppelgriffe gibt es zu vermelden, keinerlei großen Sprünge, wohingegen der Klavierpart von durchaus professionellem Zuschnitt geprägt ist und einige nicht unheikle Passagen aufweist.
Das gleichsam abstrakteste der vier Kleingebäcke ist der an dritter Stelle stehende, raffiniert ersonnene Wechselgesang, während im Schlussstück Die Jongleure insbesondere durch ständig wechselnde Schwerpunkte innerhalb des gleichbleibenden 9/8-Takts die Zusammenspiel-Qualitäten der Interpreten auf den Prüfstand gehoben werden. Sehr elegant präsentiert sich das Sommerstück (Nr. 2) 5/4-Takt und zahlreiche Synkopen tun ein Übriges, um die zusätzliche Vortragsbezeichnung Leicht und farbig, sanft schwingend Wirklichkeit werden zu lassen , während im einleitenden Abendlied für eine kleine Lokomotive das Zuckerwerk noch in recht bescheidener Dosis dargereicht wird. Das Stück beginnt mit dem mäßig lustigen Effekt eines nachgeahmten Dampflok-Pfiffs (wer erinnert sich überhaupt noch, wie so etwas in Wirklichkeit klang?) mittels Flageoletts und kommt auch sonst im ungetrübten D-Dur recht zopfig des Weges. In den anderen Stücken bedient sich der Komponist einer erweiterten man könnte sagen: ungebundenen Tonalität, die durchaus Frische und Originalität ausstrahlt.
Michael Töpel ist ein vielseitiger Mann. Seit Langem als Lektor im Bärenreiter-Verlag beschäftigt, tritt er als Herausgeber von Erstveröffentlichungen, Arrangements und Klavierauszügen, außerdem als Publizist und Komponist hervor. Für die Publikation seiner Petits Fours wählte er mit der Edition Merseburger einen in Kasseler Nachbarschaft des Hauses Bärenreiter befindlichen traditionsreichen Verlag, der sich seit über 150 Jahren als Hort der Kirchenmusik ebenso wie instrumentaler Schul- und Spielmusik große Verdienste erworben hat.
Doch kehren wir zu unseren Ausgangsfragen zurück: Unwiderstehlich? Das wäre gelinde übertrieben. Überflüssig? Das wäre nicht gerecht. Kalorienreich? Zum größten Teil. Schmackhaft? Unbedingt!
Gerhard Anders