Paul Badura-Skoda and Friends

Chamber Music by Mozart, Schubert, Brahms, Dvorák, J. Strauss/Schoenberg, 4 CDs

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin Select GEN 11200
erschienen in: das Orchester 02/2012 , Seite 76

Vladimir Horowitz katapultierte sich mit Tschaikowskys b-Moll-Konzert ins Spitzenfeld der Pianistenzunft. Ebenso schlagartig vollzog sich der internationale Durchbruch von Paul Badura-Skoda. Er reüssierte allerdings nicht mit einem Werk, das die virtuose Pranke verlangt, sondern mit kammermusikalischer Feinarbeit. 1950 sprang Badura-Skoda bei den Salzburger Festspielen für Edwin Fischer ein und spielte zusammen mit Wolfgang Schneiderhan und Enrico Mainardi Brahms’ H-Dur-Trio. Der Abend bildete den Startschuss zu der eindrucksvollen, nunmehr sechs Jahrzehnte währenden Karriere des Wiener Künstlers, in der die Kammermusik einen Schwerpunkt bildete.
Der jetzt 84-jährige Paul Badura-Skoda hat das Konzert als „Triumph“ in bester Erinnerung, wie er im Beiheft zu vier bei Genuin Classics erschienenen CDs schreibt. Paul Badura-Skoda and Friends ist diese Veröffentlichung betitelt. Sechs Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1955 und 1981 dokumentieren beispielhaft Badura-Skodas Wirken auf dem Feld der Kammermusik, die er selbst als „die hohe Schule des Einander-Zuhörens“ beschreibt. Mehr noch. Man lerne zudem, „sich selbst richtig zuzuhören“. Das Klaviertrio gilt Badura-Skoda dabei als eine der „Idealformen“ der Kammermusik. Die Gattung ist in der Auswahl gleich mit drei repräsentativen Werken vertreten, darunter auch das Brahms’sche H-Dur-Trio – das allerdings nicht in der „Salzburger Fassung“, sondern in einer Aufnahme aus dem Jahr 1981 (mit Schneiderhan und Pergamenschikow).
Schuberts Klaviertrio Nr. 2 in Es-Dur verhalf Badura-Skoda ebenfalls zu einem Schlüsselerlebnis. Er hörte es in jungen Jahren im „verdunkelten Wiener Konzerthaus“ mit Edwin Fischer (seinem verehrten Lehrer), Georg Kulenkampff und Enrico Mainardi. In der Kompilation ist es in einer Aufnahme aus dem Jahr 1955 (mit Fournier und Janigro) zu hören. Diese drei Musiker bildeten das legendäre „Westminster“-Trio, das als reines Schallplattentrio (für das Label Westminster) Tonträgergeschichte schrieb. Als drittes Klaviertrio ist Dvor?áks Dumky-Trio (mit Schneiderhan und Pergamenschikow) vertreten. An die fruchtbare Zusammenarbeit mit David Oistrach erinnert die 1972 in Paris entstandene Liveaufnahme der Mozart’schen Violinsonate in D-Dur KV 306.
Eine „aufrichtige Freundschaft“ verband Badura-Skoda nach eigener Aussage mit seinen Kammermusikpartnern. So auch mit dem Küchl-Quartett. 1980 entstanden die beiden Aufnahmen von Brahms’ Klavierquintett in f-Moll und Johann Strauss’ Rosen aus dem Süden (im Arrangement von Arnold Schönberg, allerdings ohne Harmonium).
Die vierte CD ist einer Rarität vorbehalten. Dank eines Privatmitschnitts ist der Hörer dabei, wie Badura-Skodas Lehrer Otto Schulhof seinem Schüler Dvor?áks Dumky-Trio vorspielt und erläutert. Mit Paul Badura-Skoda and Friends fügt Genuin Classics der Porträtserie mit historischen Einspielungen des Künstlers eine aufschlussreiche Facette hinzu.
Mathias Nofze