Golle, Jürgen
Pastorale
für Oboe (Klarinette/Saxofon in B) und Streichorchester
Ein friedvolles Hirtenidyll mit leicht bukolischem Einschlag, so stellt man sich gemeinhin eine Pastorale für Oboe mit Streichorchester vor. Genau dieses Klischee bedient Jürgen Golle mit seiner jüngst erschienenen Komposition. Golle ist ehemaliges Mitglied des Thomanerchors und seit 1967 an der Pädagogischen Hochschule in Zwickau (jetzt TU Chemnitz) in den Fächern Musiktheorie und Tonsatz tätig. Seit 1993 ist er dort Professor.
Zweifelsohne versteht Jürgen Golle sein Handwerk: Knapp 250 Takte umfasst die einsätzige, durchkomponierte Pastorale. Klar strukturiert ist die Form mit dem pastosen A-Teil im moderaten 6/8- bzw. 9/8-Takt, dem bewegten B-Teil und dem finalen A-Teil, der am Ende Motive des B-Teils aufgreift und so zu einer Synthese der Grundelemente führt. Die handgeschriebene, aber durchweg exzellent lesbare Partitur ist zum Studium für Schüler ab der unteren Mittelstufe gut geeignet. Die wenigen Läufe der Oboenstimme liegen technisch gut und auch an die Streicher werden keine allzu großen Anforderungen gestellt. Die Stimmen bewegen sich durchweg im Bereich der ersten bis dritten Lage. Die Violinen und Celli spielen teilweise getrennt, sodass eine Ausführung mit solistischer Streichquartettbegleitung nicht realisierbar ist. Eine doppelte Quartettbesetzung mit Kontrabass ist das Minimum an Besetzung. Aufgrund des lyrischen Charakters kann jedoch eine Kammerorchesterbesetzung nur von Vorteil sein.
Schlicht und von Dur-Moll-Tonalität geprägt ist die harmonische Schreibweise. Aus dem Motiv des aufsteigenden Molldreiklangs entwickelt sich das melodische Material des gesamten ersten Teils. Hier kann die Oboe mit satten Kantilenen für sich gewinnen. Da Oboe und Streicher in ständigem Wechsel stehen, ist dank der daraus resultierenden Pausen auch bei Anfängern der Ansatz nicht überstrapaziert. Der in der Mitte stehende Allegro-Teil ist rhythmisch geprägt von Wechseln zwischen 6/8-, 3/4- und 3/8-Takt. Das streng viertaktige Thema mit seinen aus einem Liegeton sich entwickelnden Sechzehnteln wird im Sinne einer klassischen Durchführung verarbeitet und durch benachbarte Tonarten geführt. Anklänge an die Kirchentonarten sorgen nicht nur für reizvolle Varianten, sondern vereinfachen dank entfallender Vorzeichen auch noch die Technik. Hier kommt am Ende eines stretta-ähnlichen Laufes auch einmalig das e3 auf der Oboe vor; der gesamte Rest des Stücks bewegt sich im Raum der ein- und zweigestrichenen Oktave in überwiegend gut spielbarer Mittellage.
Neben der Fassung für Streichorchester existiert auch eine Fassung für Oboe und Orgel bzw. Klarinette/Saxofon in B und Orgel. Aufgrund seines geschlossenen Charakters und der Kürze des Stücks ist es z.B. auch im Rahmen eines Gottesdienstes sehr gut einsetzbar.
Marie-Theres Justus-Roth